Bild: Keystone
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Forscher stellen "Auftragskiller"-Zellen gegen Tumore her

Immuntherapien sind derzeit die grossen Hoffnungsträger in der Krebsmedizin. ETH-Forschende haben nun Nieren- und Fettzellen zu künstlichen Immunzellen umprogrammiert, die wie Auftragskiller gegen Krebszellen vorgehen.

Um Krebs den Garaus zu machen, setzen Mediziner zunehmend auf das Immunsystem. Eine Therapie auf der Basis genetisch veränderter Immunzellen (T-Zellen) rettete beispielsweise vor rund fünf Jahren der damals sechsjährigen Emily Whitehead das Leben, nachdem sie an einer schweren Form von Leukämie erkrankt war. 

Die modifizierten T-Zellen erkennen und attackieren dabei die Krebszellen. Allerdings haben solche Therapien schwere Nebenwirkungen und die Herstellung der T-Zellen ist anspruchsvoll.

Forschende um Martin Fussenegger von der ETH Zürich in Basel stellen nun eine Methode vor, um aus Nieren- und Fettstammzellen künstliche T-Zellen zu erzeugen. Diese statteten sie mit dem nötigen Werkzeug aus, um wie Auftragskiller auf Krebszellen loszugehen.

"Upgrade" mit drei Komponenten

Fussenegger und sein Team bauten den Zellen dafür drei Komponenten ein, wie die ETH am Montag mitteilte: Spezifische Andockstellen, mit denen sie Strukturen auf den Krebszellen erkennen, molekulare Antennen, die weit aus der Zelle herausragen, sowie eine Art "Raketenkopf", der in die Tumorzelle eindringt.

Der Raketenkopf trägt ein Konvertermolekül, das einen Anti-Tumor-Wirkstoff in der Krebszelle aktiviert. Die Vorläufersubstanz davon fügten die Wissenschaftler von aussen hinzu, und sie wurde von den Krebszellen aufgenommen.

Erkennt die Designerzelle eine Krebszelle dank ihrer spezifischen Andockstellen, zieht sie ihr "Opfer" nahe an sich heran. Weil die molekularen Antennen dabei verbogen werden, wird im Inneren der Designer-Zelle die Produktion des Raketenkopfes angeworfen. 

Dieser dringt dann mitsamt des Konvertermoleküls in die Krebszelle ein und wandelt die Vorläufersubstanz in den Anti-Tumor-Wirkstoff um. Dieser bringt die Krebszelle zum Platzen und tötet auch noch die umliegenden Tumorzellen ab, schreibt die ETH.

Gezielt gegen Krebszellen

Anders als eine Chemotherapie, die ungezielt im ganzen Körper wirkt und deshalb starke Nebenwirkungen mit sich bringt, würde die Therapie auf Basis der Designer-Zellen sehr gezielt wirken, hiess es weiter. Anders als andere Immuntherapien arbeiten die künstlichen T-Zellen zudem völlig unabhängig vom Immunsystem, so dass dieses voll funktionstüchtig bleibe und weniger Nebenwirkungen zu erwarten seien, so Fussenegger.

Der im Fachblatt "Nature Chemical Biology" vorgestellte Ansatz ist allerdings vom klinischen Einsatz noch ein gutes Stück entfernt: Noch sei nicht bekannt, ob und wie dieses System im Menschen funktioniere, hiess es in der Mitteilung. Fussenegger ist jedoch optimistisch: "Ich denke, wir haben eine neue front gegen Krebs eröffnet", liess er sich in der Mitteilung zitieren.