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Naturkatastrophen richten weniger Schäden an

Die Erde ist in der ersten Jahreshälfte weniger von schweren Naturkatastrophen in Mitleidenschaft gezogen worden als im langjährigen Durchschnitt. Das zeigen Daten des Rückversicherungskonzerns Munich Re.

Die weltweiten Schäden summierten sich demnach von Anfang Januar bis Ende Juni auf die vergleichsweise geringe Summe von 41 Milliarden US-Dollar. Das war weniger als die Hälfte Schäden in Höhe von 111 Milliarden Dollar, die in der ersten Jahreshälfte 2016 angefallen waren.

"Wir hatten ein relativ schadenarmes erstes Halbjahr", sagte Peter Höppe, Chef der Georisikoforschung beim weltgrössten Rückversicherer in München. "Das liegt vor allem daran, dass es kein grösseres Erdbeben oder anderes grosses Naturereignis gab."

Schwer getroffen wurden in der ersten Jahreshälfte die USA, wo Gewitter und Tornados 18,5 Milliarden Dollar Schäden anrichteten. Die Münchner Rück beobachtet seit 1980 die weltweite Entwicklung der Naturkatastrophen - unabhängig davon, ob die betreffenden Schäden versichert sind oder nicht.

Klimawandel hinterlässt Spuren

Der Klimawandel hinterlässt nach Analyse des Georisikoforschers Höppe jedoch deutliche Spuren in den Schadenbilanzen. "Wir haben seit 1980 einen deutlichen Anstieg der wetterbedingten schadenrelevanten Ereignisse. Das ist ein Indiz, das sich etwas in der Atmosphäre ändert", sagte der Wissenschaftler. "Bei den geophysikalischen Schadenereignissen - also Erdbeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis - gibt es dagegen keinen vergleichbaren Anstieg."

Skeptiker des Klimawandels führen als Argument häufig ins Feld, die Schäden durch Naturkatastrophen seien nicht gestiegen. Höppe tritt dem entgegen: "Wir haben ein sehr differenziertes System zur Schadennormalisierung entwickelt, damit wir ermitteln können, welche Kosten ein Schadenereignis der Vergangenheit heute an der gleichen Stelle verursachen würde", sagte er.

"Wenn man sämtliche Naturkatastrophen in einen Topf wirft, haben wir nach dieser Berechnung zunächst tatsächlich keinen Anstieg der Schäden. Doch wenn man das etwas differenzierter betrachtet, sieht man, dass dies teilweise an Präventionsmassnahmen liegt", sagte Höppe.

Mehr Gewitterschäden

"So haben etwa die Hochwasserschäden an Flüssen stark abgenommen. Das liegt an verbessertem Hochwasserschutz." Auf der anderen Seite gebe es einen signifikanten Anstieg der Schäden durch Gewitterereignisse. "Gegen Gewitter kann man sich nicht so gut schützen wie gegen Flussüberschwemmungen, gegen materielle Schäden durch starke Tornados kann man eigentlich gar nichts tun", sagte Höppe.

Erst kürzlich richteten mehrere heftige Unwetter auch in der Schweiz enorme Schäden an. Besonders betroffen waren dabei die Kantone Aargau, Bern und Solothurn. In der Region Zofingen AG entstand dabei ein Millionenschaden.

Extremwetterereignisse dürften mit dem Klimawandel weiter zunehmen, in der Schweiz vielleicht sogar mehr als anderswo: Hierzulande stiegen die Durchschnittstemperaturen in den letzten 150 Jahren nämlich bereits etwa doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt, nämlich um 1,8 Grad Celsius, wie das Forum ProClim der Akademien kürzlich im Bericht "Brennpunkt Klima Schweiz" darlegte.

Höppes Fazit: "Der Klimawandel verursacht in jedem Fall Kosten - entweder durch die erhöhten Präventionskosten oder durch Schäden, wenn die Vorsorge unterblieben oder nicht möglich ist."