Symbolbild (Keystone)
Symbolbild (Keystone)
  • sda / barfi / keystone
  • Aktualisiert am

Rettung für altes Papier: "Bücher-Waschmaschine" entsäuert Bücher

In Bibliotheken und Archiven lagern kostbare historische Dokumente, die oft vom schleichenden Verfall bedroht sind: Schimmel und Tintenfrass, Mikroorganismen und auch die Übersäuerung des Papiers setzt ihnen zu. Gegen letzteres haben österreichische Forschende ein Mittel gefunden: Nanopartikel können die Papiere entsäuern und retten.

Die österreichischen Archive sind mit etwa 1,5 Millionen Büchern und Dokumenten prall gefüllt. Doch Dokumente und Bücher im Ausmass von rund 500 Kilometern Archivregal könnten schon bald zwischen den Fingern zerbröseln. Europaweit sind etwa 15'000 Kilometer an Schriftstücken betroffen, weiss Patricia Engel von der Donau-Universität Krems. "Selbst unter guten Lagerbedingungen", wie die Expertin gegenüber der Nachrichtenagentur APA betonte.

Papier, das in der Zeit zwischen 1800 und 1950 entstanden ist, wurde nämlich unter Einsatz von Alaun hergestellt. Schon in den 1950er Jahren wurden erstmals die Folgen sichtbar: Aufgrund der Übersäuerung zerfällt die chemische Verbindung des sogenannten Holzschliffpapiers. Dabei entsteht Schwefelsäure als Zwischenprodukt, die wiederum die Zellulose zerstört, erklärte Volker Ribitsch vom Institut für Chemie in Graz.

"Waschmaschine" mit Nanopartikeln

Die Erfindung des Forscherteams kann den folgenschweren Verfall stoppen: Quasi eine "Bücherwaschmaschine", die das kostbare Schriftgut entsäuert und damit vor dessen Verfall bewahrt: Über mehrere Jahre hinweg haben die Forscher ein Verfahren und eine Anlage entwickelt, in der spezielle Nanopartikel in einem Lösungsmittel mit sehr niedrigem Siedepunkt und sehr geringer Oberflächenspannung zum Einsatz kommen.

"Der erste Prototyp hat wie ein 20-Liter Druckkochtopf ausgesehen. Jetzt ist es ein grosser Stahlzylinder, in dem rund 150 Bücher zugleich der Behandlung unter Druck unterzogen werden können", sagte Engel. Der gesamte Prozess dauere nur 30 Minuten, daran schliesse sich eine dreistündige Trockenzeit an.

Auch gegen Mikroorganismen gut

Wie sich in zahlreichen Test mit künstlich gealtertem Papier in den vergangenen Monaten gezeigt habe, werde das Papier nicht nur nachhaltig entsäuert, ohne dabei nachteilige Auswirkungen auf das Archivgut zu haben, wie Ribitsch hervorhob. Zusätzlich hätten sich positive Nebeneffekte wie unter anderem Auswirkungen auf Mikroorganismen beobachten lassen. Die Nanopartikel habe man sich bereits patentieren lassen, das Verfahren ist unlängst mit einem science2business-Award in Wien ausgezeichnet worden.

Der Prototyp sei nun für den realen Einsatz bereit. "Bibliotheken und Archive können sich jederzeit bei uns melden, wenn sie Interesse an dem Verfahren haben", so Engel. Mit Unterstützung von Geschäftspartnern gehe man bereits "in den nächsten Wochen" daran, eine Firma zu gründen, die die Erfindung serienreif umsetzen soll.

Das Forscherteam lehnt sich jedoch nicht zufrieden zurück sondern will - mit weiteren Partnern - weiterforschen: Vor allem will man dem Problem Tintenfrass in Zukunft verstärkte Aufmerksamkeit widmen.