• Christian Heeb
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Telebasel: Von der Sendepause zum Rechtsbruch

Mit der gestrigen Sendepause will Telebasel alles neu machen. Neu ist aber vor allem, dass die Stiftung gegen das Radio- und TV-Gesetz verstösst. Neu auch, dass ein Veranstalter bewusst mehrfach die Konzession verletzt. Der Basler Lokalsender missachtet nicht nur den Programmauftrag, sondern missbraucht mit den Billag- und Cablecom-Millionen gleich auch noch seine Marktmacht.

Für die Medienministerin ist der Fall klar: «Wenn ein Medienunternehmen sich privat finanziert, dann geniesst es alle Freiheiten.» Auf Nachfrage von barfi.ch sagt Bundesrätin Doris Leuthard: «Wer hingegen öffentliche Gelder bekommt, der ist an die Auflagen der Konzession gebunden. Da machen wir auch inhaltliche Vorgaben.» Und diese Vorgaben gelten verbindlich bis zum 31. Dezember 2019. Für den lokalen Fernsehsender Telebasel, der 1998 aus der Stiftung Kabelnetz hervorging, schreibt die geltende Konzession von 2008 verbindlich vor: «Telebasel versorgt die Region mit einem Programm, welches die lokalen und regionalen Eigenheiten durch umfassende Informationen insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge berücksichtigt und zur Entfaltung des kulturellen Lebens im Versorgungsgebiet beiträgt. Ereignisse aus Politik, Kultur, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft werden täglich neu vermittelt und in einen Deutungszusammenhang gestellt, um den Zuschauern eine Selbstidentifikation zu ermöglichen.»

Medienministerin hat genaue Vorstellungen

Medienministerin Leuthard gibt sich im Interview (Video oben) streng und hat genaue Vorstellungen, wie die staatlichen Gebührengelder zu verwerten sind. So steht im Programmauftrag: «Die Konzessionärin kann im Rahmen ihres Leistungsauftrags auch programmbezogene Beiträge, die zeitlich und thematisch einen direkten Bezug zu Sendungen aufweisen, im Internet zugänglich machen.» Das ist es dann aber auch, mehr geht für Subventionsempfänger nicht. Weder auf die lokale Berichterstattung, noch auf den Programmauftrag nehmen Telebasel-CEO, Dominik Prétôt, und seine Chefredaktorin, Karin Müller, Rücksicht. Im Gegenteil, sie verkaufen ihr «alles neu»-Konzept damit, dass sie mit den 2,9 Millionen Franken Konzessionsgelder weiterhin lokales Fernsehen machen würden.

Lächelnd unterschlagen sie dabei, auf dem eigenen Sender befragt, dass die Stiftung Telebasel noch bis ins Jahr 2028 in den Genuss von jährlich 1,6 Millionen Franken aus dem Balcab/Cablecom-Deal von 1998 kommt. Initiiert von Regierungsrat Hans Martin Tschudi wurde die Stadt damals verkabelt. Was die Wenigsten realisieren: Für diese Steckdose zahlen alle Basler Haushalte und zwei Vorstadtgemeinden jeden Monat eine «regionale obligatorische Abgabe» an die Stiftung Telebasel, wie die Cablecom auf ihrer Webseite schreibt (http://www.upc-cablecom.ch/de/immobilien-gemeinden/preise/). Egal, ob man sich Telebasel antun will, oder nicht.

Kein Verständnis für «alles neu»

Rechtsprofessor Dr. iur. Urs Saxer von der Universität Zürich, spezialisiert auf medienrechtliche Fragen, zeigt in seinem Gutachten kein Verständnis für «alles neu Telebasel». Er kommt nach einer ausführlichen Würdigung von Verfassung, dem Gesetz und der Konzession zum Schluss: «Demzufolge kann die Stiftung Telebasel mittels Verlagerung der Fernsehbeiträge ins Internet ihren Leistungsauftrag gemäss Konzession nicht erfüllen. Daraus ergibt sich, dass der Leistungsauftrag allein mittels des im Fernsehen ausgestrahlten Programms zu erfüllen ist». Auf jeden Fall ist heute die Telebasel-Redaktion zwar wesentlich später als barfi aber immerhin früher als gewohnt aufgestanden: Ab sechs Uhr morgens beginnt die von Karin Müller ausgerufene «Telebasel»-Stunde. Sie will vor allem: «dass man den Lokalsender «im Herzen» mit nach Zürich nimmt». Man muss kein Basler Lokalpatriot sein, um das komisch zu finden.

Seltsam ist letztlich auch der Umgang mit den Zahlen, mindestens bei denjenigen, die man öffentlich kommuniziert: 2014 wies der Sender einen Betriebsaufwand von 8,6 Millionen Franken im Reporting ans Bakom aus. Die Einnahmen durch Werbung und Sponsoring sollen in jenem Jahr (neuere Zahlen gibt es nicht) 4,3 Millionen betragen haben, also die Hälfte des Gesamtbudgets des Senders. Prétôt und Müller behaupten jedoch zwei Drittel des Aufwandes selber zu erwirtschaften und mit diesen Einnahmen machen zu können was immer sie wollen. Können sie nicht, sagt die Konzession – stimmt nicht, sagt Adam Riese.

Heimlich den Stiftungszweck geändert

Baslerisch dagegen ist das Manöver 2013 die Stiftung Kabelnetz in Stiftung Telebasel umzutaufen. Damit änderte sich im Handelsregistereintrag auch die Aufsichtsbehörde. War es bis dahin das Justizdepartement Basel-Stadt, so ist es nun die Stiftungsaufsicht. Prétôt und Konsorten änderten still und leise auch den Stiftungszweck: Plötzlich ist die Rede von einer Stiftung für Medienvielfalt. Vorher war der Auftrag das Betreiben des Kabelnetzes und die Aufsicht über das Programm des Regionalsenders.

Vielleicht war das mit «der Medienvielfalt» mittels Gebührengeldern ein finsterer Scherz, vielleicht einfach ein nicht allzu cleverer Schachzug. Um es deutlich zu sagen: Hier werden während des Spiels eigenmächtig die Spielregeln geändert. Gegen Gesetz und Konzession. Zu Lasten der privaten Medien, natürlich auch zu Lasten von barfi.ch.

Klar ist, dass das Bakom seine Aufsichtspflicht wahrnehmen und reagieren muss. In dem Sinn: «Alles alt Telebasel».

Als erstes Medienunternehmen der Region schliesst sich die Basler Zeitung der Anzeige von barfi.ch beim Bakom an.

Vergleich des Konzessionsgesuchs zur geltende Konzession

Finden Sie nachfolgend alle relevanten Dokumente als PDF

Konzessionsgesuch vom 04.12.2007
Konzession vom 07.07.2008
Rechtsgutachten Prof. Dr. iur. Urs Saxer
Anzeige Konzessionsverletzung Telebasel 26.01.2016