Ein interdisziplinäres Team der Universität Basel, der Universität Bern und der ETH Zürich hat erstmals die Protonenpumpe Proteorhodopsin in winzige Vesikel eingebaut, die von einer künstlichen Polymermembran umgeben sind. Die Wissenschaftler haben damit einen effizienten Antrieb für eine künstliche molekulare Fabrik geschaffen. Sie haben ihre Experimente zum ersten Mal durch eine statistische Versuchsplanung unterstützt und durch die quantitative Erfassung eine exzellente Grundlage für die weitere Optimierung und den Ausbau des Konzepts geschaffen, wie sie in der Fachzeitschrift «Nature Communications Chemistry» berichten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel und des NCCR Molecular Systems Engineering nutzen die Natur als Vorbild. Sie sind dabei, winzige molekulare Fabriken herzustellen, die in einer Kaskade von Reaktionen verschiedene Substanzen herstellen können. Bevor solch eine Reihe von Reaktionen klappen kann, müssen zunächst die einzelnen Prozesse genauestens untersucht werden. Als Antrieb für eine Synthese in einer Minifabrik fungiert meist eine Protonenpumpe, die einen Gradienten von Wasserstoff-Ionen (Protonen) zwischen dem Inneren eines kleinen Vesikels und seiner Umgebung schafft. Dieser Gradient führt zu einer Veränderung des pH-Werts im Inneren, was eine chemische Reaktion ermöglicht oder ein anderes Enzym wie die ATPase antreiben kann, die dann Energie für chemische Umwandlungsprozesse bereit stellt.
Pumpen in der Membran
Die Wissenschaftler aus dem Team von Professor Wolfgang Meier vom Departement Chemie und Swiss Nanoscience Institute (SNI) der Universität Basel haben nun solch ein Protein, das als Protonenpumpe arbeitet, zum ersten Mal in eine künstlich hergestellte Polymermembran eingebaut. Der Einbau geschieht dabei durch Selbstorganisation, wenn die Bestandteile der Membran mit dem Protonenpumpen-Protein Proteorhodopsin zusammengebracht werden. Stimmen die Versuchsbedingungen werden mehrere Pumpen pro Vesikel in die Membran integriert.
Bei einem Vergleich zwischen künstlichen Polymermembranen und natürlichen Lipidmembranen zeigte sich, dass in die Polymermembran deutlich weniger Pumpen integriert wurden (etwa 1/5), die Pumpleistung dagegen aber fast identisch blieb. In einer Polymermembran scheinen die Pumpen also deutlich effektiver zu arbeiten. «Für eine spätere Anwendungen bevorzugen wir Polymermembranen, da diese robuster sind als die natürlichen, dünneren Lipidmembranen. Zudem können wir die Polymermembranen je nach Anforderung verändern. Es hat uns jetzt positiv überrascht, dass die Pumpen in den Polymermembranen auch noch effektiver arbeiten als in den Lipidmembranen», bemerkt Wolfgang Meier.
Orientierung ist entscheidend
Kritisch bei der Integration in die Membran ist die Richtung, in der die Protonen gepumpt werden. Pumpen beispielsweise sechs Moleküle Protonen aus dem Vesikel heraus und sechs Moleküle Protonen herein, können die Forschenden gar nicht feststellen, ob die Integration geklappt hat, da sie keinen Effekt beobachten können. Das Proteorhodopsin wurde daher in einer Kooperation der Gruppen von Professor Daniel Müller (Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel) und Professor Dimitrios Fotiadis (Institut für Biochemie und Molekulare Medizin der Universität Bern) mit einem fluoreszierenden Anhängsel versehen, sodass die Integration in die Membran immer in die gleiche Richtung erfolgt und aufgrund der Fluoreszenz verfolgt werden kann.
Bessere Versuchsplanung möglich
Um bessere Voraussagen zu treffen, welche Bedingungen bei der Selbstorganisation der Vesikel zu einer einheitlichen Grösse und einer maximalen Pumpleistung führen, haben die Wissenschaftler zum ersten Mal anhand eines statistischen Modells die geeignetsten Versuchsbedingungen berechnet. «Die Ergebnisse der Vorhersage des Modells deckten sich hervorragend mit den experimentellen Ergebnissen. Wir haben jetzt erstmals quantitative Daten, die zuverlässig vorhersagen, wie wir durch Veränderungen der Versuchsbedingungen die besten Ergebnisse erzielen», erläutert Dr. Roland Goers, der im Rahmen der SNI-Doktorandenschule die Arbeiten durchgeführt hat. «Für die Zukunft hilft uns diese Studie, um die Bedingungen für die Herstellung der Minifabriken einzustellen und sie mit einem gut laufenden Motor auszustatten», fügt sein Betreuer Prof. Wolfgang Meier hinzu.
Swiss Nanoscience Institute
Das Swiss Nanoscience Institute (SNI) an der Universität Basel ist ein Exzellenzzentrum für Nanowissenschaften und Nanotechnologie. Es wurde 2006 vom Kanton Aargau und der Universität Basel gegründet, um Forschung, Ausbildung und Technologietransfer in den Nanowissenschaften und der Nanotechnologie in der Nordwestschweiz zu fördern. Zu dem SNI-Netzwerk gehören verschiedene Departemente der Universität Basel, das Paul Scherrer Institut, die Fachhochschule Nordwestschweiz, das Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel und das CSEM in Muttenz. In diesem Netzwerk wird grundlagenwissenschaftliche Forschung in ganz unterschiedlichen Bereichen betrieben. Zudem werden im Rahmen des Nano-Argovia-Programmes zahlreiche angewandte Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Nordwestschweiz unterstützt. Grossen Wert wird am SNI auch auf die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses gelegt und sowohl ein Bachelor- wie auch ein Masterstudium in Nanowissenschaften sowie eine Doktorandenschule angeboten. Die beschriebene Arbeit fand im Rahmen der Doktorandenschule statt (www.nanoscience.ch).