Bild: Gaertnerhuus.ch
Bild: Gaertnerhuus.ch
  • Andy Strässle

Enteignungen: Basler Hausbesitzer können ruhig schlafen

Viel Wut und Emotionen als der Abriss des Küchlin in der Steinen drohte und ein endloser Rechtsstreit losgetreten wurde. Auch die «Grünerhaltung» des Schwarzpark zwischen Lehenmattquartier und Gellert sorgte für rote Köpfe. Auch gegenüber dem Bund etwa beim Nationalstrassenbau hat Basel gute Karten.

Die Diskussion um das Kino Küchlin war hart und erbittert. Der Rechtsstreit dann ewig. Das Gebäude in der Steinen sollte unter Denkmalschutz gestellt werden. Die Eigentümer sahen dies als «Enteignung» und so begann ein juristisches Hickhack, das erst vor Bundesgericht endete. Im «Küchlin Theater» hatte Karl Küchlin seit 1912 glanzvolle Revuen veranstaltet, wie Wikipedia schreibt und auch das «Drummeli» war hier zu Hause. Das Gebäude mit den grossen Säulen an der Fassade gilt architektonisch als wegweisende «Eisenbetonkonstruktion». Darum entschloss sich die Denkmalpflege das Gebäude zu schützen und vor dem drohenden Abriss zu retten. Allerdings war schon Karl Küchlin 1918 in finanziellen Schwierigkeiten gewesen, so dass er das Gebäude an eine Aktiengesellschaft überführte. Ende der 90er Jahre verlangten diese Aktionäre, vertreten durch prominente Basler Anwälte, darunter FCB-Präsident Bernhard Heusler, 47 Millionen für die Liegenschaft. Da aus ihrer Sicht das «unter Schutz stellen» des Gebäudes einer faktischen Enteignung gleichkam.

Am Ende kam Basel-Stadt mit einem blauen Auge und einem Kompromiss davon: Man präzisierte die «Unterschutzstellung» des Küchlin. So blieben nur der grosse Saal und die Fassade geschützt. Der Rest des Gebäudes durfte ausgehöhlt werden. Dennoch sah das Bundesgericht 2003 die Aktionäre als «Sonderopfer» und sprach ihnen für die Wertminderung der Liegenschaft 4,7 Millionen zu.

Ein weiterer spektakulärer und teurer Rechtsstreit drehte sich um den Schwarzpark im Gellert. Nach einer Volksinitiative zur Grünerhaltung des Gebietes zwischen den Quartieren Lehenmatt und Gellert mit der doch stolzen Grösse des Schützenmattparks wurden die Besitzer, die dort eigentlich Häuser hatten bauen wollen, enteignet. Inzwischen wurde der Park «sanft geöffnet» und ist eine stille Oase umrahmt von grossen Strassen. Der Kaufpreis nach der Enteignung betrug 60 Millionen. Das Geschäft war zumindest politisch äusserst umstritten.

Auf Anfrage von barfi.ch erklärt der Sprecher des Tiefbauamtes, André Frauchiger, dass es seither in Basel ruhig geblieben sei. Er erklärt: « Bei sämtlichen Landerwerben für Allmendflächen kam es zu gütlichen Einigungen.» Aber natürlich kann da auch Bundesbern mitreden. Seit der «Neuverteilung der Finanzen und Aufgaben» zwischen Bund und Kantonen 2008 müsste Basel beispielsweise für sämtliche Nationalstrassen das Land an den Bund abtreten. Dabei müsste der Kanton für den Bund Grundstücke enteignen, damit der Bund dann die Strassen bauen kann. Da Basel das Land aber nicht abgeben will, hat man mit dem Bund einen Deal gemacht. André Frauchiger erklärt: «Der Kanton Basel-Stadt hat hierfür mit dem Bund eine Kompromisslösung erarbeitet. Spannungen mit Hauseigentümern bezüglich Landerwerb im Zusammenhang mit Strassenprojekten gibt es nur sehr selten. Dabei wurden zumindest in den letzten 13 Jahren immer für beide Seiten akzeptable Lösungen gefunden.»

Eine Extrawurst für Basel-Stadt also, André Frauchiger präzisiert: Bezüglich Grundeigentum besteht der Kompromiss darin, dass der Kanton Basel-Stadt nicht sämtliche Allmendflächen, welche durch Nationalstrassen belegt sind, unentgeltlich an den Bund abgetreten hat, sondern nur rund einen Viertel der entsprechend genutzten Fläche, also rund 100‘000 von insgesamt 400‘000 Quadratmetern. Die verbleibenden rund 300‘000 Quadratmeter, die von Nationalstrassen belegt werden, sind weiterhin im Eigentum von Basel-Stadt.»

Eine gute Sache, zwar kommt es in der Schweiz seit das «Plangenehmigungsverfahren» eingeführt wurde nur zu ganz wenigen Enteignungen. In den vergangenen zehn Jahren wurden schweizweit um die 75'000 solcher Verfahren durchgeführt. Die grosse Mehrheit dieser Verfahren betrifft den Bau von elektrischen Anlagen. In zehn Jahren kam es dabei zu rund hundert Enteignungen. Aber da hat Basel-Stadt als Geberkanton im Finanzausgleich vorgesorgt, zumindest, was die Strassen angeht, so erklärt André Frauchiger: «Für den Kanton Basel-Stadt hat dies keinen Nachteil zur Folge. Vielmehr kann der Kanton mit dieser Regelung Vorteile haben: Sollte der Bund – langfristig betrachtet – die heutigen Nationalstrassen verlegen oder würden vertikale Mehrfachnutzungen zum Thema, hätte der Kanton als Landbesitzer die Federführung.» So ist vielleicht sogar die Lage des Euro-Airport auf französischem Boden eine gute Nachricht: Denn da muss das Nachbarland Frankreich die Erschliessung regeln. Da bleiben Basel-Stadt teure Rechtsstreitereien und viel böses Blut erspart.