Stau! 1998 fiel die Schleuse Kembs total aus, ein holländisches Schiff rammte die Schleuseneinfahrt. ©Keystone
Stau! 1998 fiel die Schleuse Kembs total aus, ein holländisches Schiff rammte die Schleuseneinfahrt. ©Keystone
  • Andreas Schwald
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Schleusen-Elend im Elsass macht Basler Rheinschifffahrt nervös

Die Franzosen sanieren ihre Rheinschleusen. Doch das läuft grad alles andere als rund: Wegen einer Panne in Rhinau verzögert sich alles, statt seit vergangenem Dezember ist Kembs frühestens ab August wieder normal befahrbar. Die Basler Rheinschifffahrt sitzt deshalb auf Nadeln: Geht die zweite Schleusenkammer in Kembs kaputt, ist die Schweiz vom internationalen Schiffsverkehr abgeschnitten.

Es wäre das Schlimmste, das passieren könnte. In Kembs sanieren sie derzeit die Schleuse, eine Schleusenkammer ist deshalb stets ausser Betrieb. Fällt die andere Schleusenkammer jetzt aber auch noch aus, «dann können wir den Basler Hafen vorerst gleich mal zumachen», sagt André Auderset, Sprecher der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft SVS. 

Grund für die Nervosität sind die Arbeiten an allen Schleusen auf dem französischen Teil des Rheins. Die Franzosen arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, dass die Anlagen erneuert werden können. Denn die sind richtig alt: Alle haben fünfzig Jahre oder mehr auf dem Buckel. Hätten die Betreibergesellschaften Eléctricité de France und Voies navigables de France nichts unternommen, die Schleusen wären wohl bald weggerostet. 

Nur war der Hochdruck im August 2016 des Guten doch zu viel. An der Schleuse in Rhinau verrutschte bei einem Test eines der gewaltigen Tore und beschädigte damit die Mechanik. Das führte zu einer deutlich längeren Sperre von insgesamt 45 Wochen, wie Auderset im aktuellen Branchenblatt «SVS aktuell» schreibt. 

Zusätzlich anstrengend: Die französische Arbeitswoche

Die Havarie alarmierte die Franzosen. Seither wird an allen Schleusen mit besonderer Sorgfalt gearbeitet. Was das Arbeitstempo zusätzlich drosselt, ist die französische 36-Stunden-Woche, es gibt keine Schichtarbeit, an Samstagen und Sonntagen sind die Baustellen verlassen. Die Beteiligten rechnen damit, dass die Schleuse in Kembs frühestens im August 2017 wieder normal befahrbar sei, erst dann also wieder beide Schleusenkammern in Betrieb sein werden. Geplant war, im Dezember 2016 fertig zu sein.

Jetzt heisst es Zittern und Hoffen. Auch nur eine einzige Havarie an der noch in Betrieb stehenden Kammer könnte Basel komplett abschotten. Die Schleusen sind Nadelöhre im Rhein, der gesamte hiesige Schifffahrtsverkehr muss sie passieren. Angesichts von Grossanlässen wie der Basel World wäre ein Komplettausfall der Super-GAU, wie SVS-Sprecher Auderset sagt. Dann könnten etwa auch keine Hotelschiffe in Basel anlegen. «Genau das macht die längere Bauzeit für uns so tragisch: Das grosse Risiko dauert an und es gibt keinen Plan B, wenn eine der Schleusen ausfällt.» Das ist auch den französischen Betreibern bewusst, deshalb auch die erhöhte Sorgfalt bei den Arbeiten. Man wolle kein Risiko eingehen, heisst es.

Unfälle in Schleusen sind nicht selten

Vor der Sanierung: Aufnahme der grösseren Schleusenkammer in Kembs von 1990. ©Keystone

Akut sei die Gefahr eines Ausfalls nicht, sagt Auderset. Wenn alles ordentlich vonstatten gehe, sollte nichts passieren. Die Engpässe seien planbar, mit Aufwand zwar, aber man komme damit zurecht, wirtschaftliche Ausfälle gibt es wegen der Bauverzögerung auf der französischen Seite nicht.

Verheerend kann allerdings ein Unfall sein, wie er auch schon vorgekommen ist: Wenn ein Schiff zum Beispiel gegen ein Schleusentor knallt. 1998 kam es zu einem Totalausfall des Verkehrs auf dem Rhein, weil ein holländisches Schiff die Schleuseneinfahrt demoliert hatte. Gut eine Woche lang lag der Verkehr praktisch still.

Es muss aber nicht immer gleich ein Totalausfall sein. Nach Angaben des SVS wurden in den Schleusen der Eléctricité de France allein 2016 elf Zwischenfälle registriert. Von 2001 bis letztes Jahr waren es kumuliert 188 Unfälle. Wie wichtig die Schleusen auch für den Wasserstand im Rhein sind, zeigte sich eindrücklich im Zweiten Weltkrieg: Damals wurde das Kraftwerk mit dem Stauwehr in Kembs bombardiert und brach zusammen. Kurz darauf war auch der Pegel in Basel massiv gesunken, der Rhein quasi entleert.

Die Vorsichtsmassnahmen laufen nun in Basel mit besonderer Aufmerksamkeit, so Auderset: Die Planer achten darauf, dass es zu keinen Ballungen – also Staus – vor den Schleusen kommt und das besonders die üblicherweise schwach befahrenen Randzeiten für den Schifffahrtsverkehr genutzt werden. Der Rest ist Warten auf die französischen Bauarbeiter und deren für Schweizer Verhältnisse doch sehr ungewohnte Arbeitszeiten.

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