Die Fragen, die der Innenhof des Rathauses tagsüber aufwirft, beantworten sich abends von alleine: Der «Raumfilter», wie die Stoffkonstruktion heisst, ist eine Videoinstallation. Ab 17 Uhr abends laufen auf den drei Seiten, die somit Leinwände sind, Videosequenzen mit Ansichten der Stadt Basel, welche mit Ton untermalt werden. Es sollen erkennbare Fragmente und Detailbilder sein, die sich im leichten Stoff im Dreieck überlagern und vermischen. Im Dreieck wirken die Bilder ein wenig wie Hologramme.
Beginnend mit Ansichten vom Rathaus selbst thematisiert das dreissigminütige Video die Stadt Basel im weiteren Sinn. Der Künstler Stefan Heinrich Ebner wohnt zwar in Berlin, ist aber mit Basel tief verbunden. «Ich reise seit 1986 zwischen Berlin und Basel hin und her und meine Sicht hat sich über dreissig Jahre geschärft,» wie der Künstler sagt. So scharf, dass manche glauben, es handle sich um Aufnahmen in Echtzeit, wie Ebner weiter erklärt: «Obwohl das viele denken sind es keine Live-Aufnahmen, ich habe keine Kameras versteckt. Aber das Projekt operiert natürlich an dieser Grenze.»
Das Rathaus als Mittelpunkt der Stadt
Warum das Rathaus? «Das Rathaus erschien mir als der richtige Ort, um diese Stimmung des Allgemeinen herzustellen.» Schliesslich ist das Thema des Videos die Stadt Basel, welche genau an diesem Ort im Jahr 1290 ihren Ursprung fand. Erst wollte Ebner die Installation zur 500-Jahr Feier des Rathauses vorschlagen und kam in die Auswahl, erhielt aber den Zuschlag schlussendlich nicht. Nun hat es also doch noch geklappt. Er empfiehlt den Besuch des Rauthauses nach 19 Uhr, wenn es dunkel ist. Erst dann kommt das Bild der drei sich überlagernden Projektionen so richtig zur Geltung. Über die seitlichen Treppen können die Betrachter verschiedene Ansichten erkunden, was ganz im Sinne des Künstlers ist: «Die Idee ist, Räumlichkeit erfahrbar zu machen. Nehmt den Raum wahr und nehmt euch selber wahr.»
Der «Raumfilter» war bereits vor zehn Jahren einmal in Basel
Das Projekt «Raumfilter» hat in Basel eine lange Geschichte, wie Ebner erzählt: «Zum ersten Mal war die Arbeit vor über zehn Jahren in der Voltahalle zu sehen. Das Projekt entstand also in Basel.» Seither ist die Arbeit immer wieder hier und in seiner Zweitheimat aufgetaucht, unter anderem im Sony Center am Potsdamer Platz und in der Kunsthalle Berlin. Eine weniger domestizierte Version des Projekts war zudem dieses Jahr während der Art Basel in der grossen Halle des Unternehmens Mitte zu sehen. Anstelle von Leinwänden stand da ein Spiegelprisma im Sand, aus den Boxen dröhnten Basswellen der Basler Band «Pure Mania», die das ganze mit Stroboskopblitzen garnierten. Der simulierte Weltuntergang rief sogar die Polizei auf den Plan. Für Kunstprojekte ist dies die grösste Ehre.
Zusätzlich sind im Stadtraum Plakate angebracht, in deren spiegelnden Oberfläche sich die Betrachter verzerrt sehen. Sie wurden von der Basler Grafikerin Annik Troxler gestaltet, mit welcher Ebner schon länger zusammenarbeitet. Limitierte Editionen der Plakate sind über das Crowdfunding Projekt zum Raumfilter erhältlich. Ebner hofft, so einen Teil der Kosten wettmachen zu können.
Zukunft noch unsicher
Was mit dem Raumfilter im Rathaus nach dem 16. November geschieht, weiss der Künstler noch nicht. Eigentlich hätte er die Arbeit gerne bis zum neuen Jahr gezeigt, doch das Stoffdreieck muss Platz machen für den traditionellen Weihnachtbaum. Ebner würde sogar noch weiter gehen: «Falls die Stadt es möchte, kann sie das Projekt auch übernehmen.»
In jedem Fall muss sich beeilen, wer noch in den Genuss der etwas anderen Weihnachtsbeleuchtung kommen will. Sie ist nur noch bis zum 16. November 2017 zu sehen.
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