Die lokalen Wässerchen schiessen wie Pilze aus dem Boden, auch Spezialanfertigungen für einzelne Bars. Bild: barfi
Die lokalen Wässerchen schiessen wie Pilze aus dem Boden, auch Spezialanfertigungen für einzelne Bars. Bild: barfi
  • Jonas Egli
  • Aktualisiert am

Boom in Basel: Wo man hinschaut, es wird Gin gebraut

In wenigen Jahren ist Basel zu einer Gin-Metropole aufgestiegen. Die Basler Geschmacksknospen erleben täglich neue Herausforderungen, während an jeder Ecke fleissig destilliert wird. Es ist keiner zu klein, ein Gin zu sein.

Rheinbrand Gin, Basilisk Gin—sogar mit echtem Läckerli-Aroma—Modernist Gin, Seventh Sense und wie sie alle heissen. Dass sich Basel zur richtigen Gin-Stadt gemausert hat, mag erstaunen, ist aber eine Tatsache. Kurz nachdem alle plötzlich zu Bierexperten geworden sind und nur noch von «Indian Pale Ales» geredet haben, ist nun der Gin definitiv in Basel angekommen. «In den letzten Jahren hat das stark zugenommen», sagt Emmanuel Kern, Filialleiter des Spezialgeschäfts Paul Ullrich an der Rebgasse. Und dafür muss er nicht einmal von weit her eingeführt werden, der Basler Gin stammt tatsächlich von hier.

Mit Hendrick's fing alles an. Seither hat er ziemlich viel Konkurrenz erhalten. Bild: Pixabay

Vom Chemielabor an den Tresen

Zuerst war der «Seventh Sense» von Michael Schneider, damals noch Barchef im Des Arts, wie Roger Grüter an einem Abend am Tresen der Kleinbasler Cocktailbar «Angel’s Share» erklärt. Auch wenn Grüters Herz vor allem für Whisky schlägt, ist er nun mein Fachmann in Ginfragen. Mit Christoph «Chutz» Stamm, früher Barchef im «Irrsinn», führt Grüter seit zweieinhalb Jahren die Bar an der Feldbergstrasse. Er wiederum war vor dem Angel’s Share Barchef im Sudhaus, aber angefangen hat er als Chemielaborant. Die beiden sind immer wieder auf den vorderen Rängen von einschlägigen Wettbewerben zu finden. Nicht nur an der «Basel Bartender Cocktail Competition», sondern auch an den Schweizer Cocktailmeisterschaften oder an den «Chivas Masters» in Tokyo.

Roger Grüter in seiner Bar. Bild: barfi

Grüter geht das Lokalsortiment durch. Nach dem Seventh Sense kam der Modernist, aus dem Baselland. Der einzige aus dem Kleinbasel ist der Nginious!. Davon gibt es sogar eine Angel’s Share-Spezialversion, die sie extra haben anfertigen lassen. Ein rauchiger, kräftiger Gin. «Wir fanden, es soll ein Gin sein, der in eine Whiskey-Bar passt.»

Einer der neuesten ist der Rheinbrand, gemacht wird er vom Teufelhof. Gerade arbeitet man im Traditionsbetrieb daran, dem Sortiment einen Gin mit Hanf hinzuzufügen, verrät Grüter. Ein Trend kommt also selten allein.

Das Angel's Share setzt auf auserlesene Whiskeys. Beim Gin mussten sie aber dennoch aufstocken. Bild: barfi

Eine Region im Goldrausch

Auch in der Region tut sich einiges. Die Distillerie Hagmeyer in Balbronn hat zum Eau de Vie d’Alsace auch einen Gin hinzugefügt, im Globus gibt es den Elsässer GIN GOLD 999.9 zu kaufen, angeblich in einem Kessel aus purem Gold destilliert, und aus dem Schwarzwald kommen sie gleich zu Dutzenden.

Ist Gin die grosse neue Sache? «So neu ist es nicht. Schon seit vier, fünf Jahren läuft Gin gut,» meint Emmanuel Kern. Er zeigt auf das Regal und misst mir der Hand eine Schulterbreite ab. So viele Gins gab es vorher, jetzt zieht sich die Reihe der Wachholdertinktur von der Frontscheibe über mehrere Regale bis in die Mitte des Ladens. Für ihn ist das wenig erstaunlich: «Gin ist halt sehr vielseitig. Es gibt zitronige, es gibt würzige, oder sogar im Fass gereifte mit Safran.» Gin? Vielseitig? Ja. Der Wachholder ist allen gemein, darüber hinaus aber ist der Ginhimmel grenzenlos. Das hat der Goldrausch erst ermöglicht. «Am Gin reizt viele das Neue, ganz klar. Es ist ein neues Getränk und es ist auch Trend,» so Kern.

Emmanuel Kern am Gin-Regal. Im Vergleich zu heute war die Auswahl vor wenigen Jahren noch verschwindend klein. Bild: barfi

Trend verpflichtet auch

Bei so viel Neuem stellt sich natürlich die Frage, wie man dem Trend das würdige Gefäss gibt. Glücklicherweise ist mit dem Gin auch das Tonic Water wieder neu belebt worden und die Sorten schiessen aus dem Boden wie der Spargel. Selbst Michael Schneider hat zu seinem Gin ein eigenes Tonic entwickelt. Kern stimmt zu: «Ja, das ist absolut wichtig. Ein 08/15-Tonic bringt nichts!» Er empfiehlt Fever Tree statt Schweppes. Da seien auch «Kräuter drinnen, die aus Afrika kommen».

Dafür kann man sich die heilige Gurke sparen: «Die gehört zum Hendrick’s und passt nicht unbedingt zu anderen Gins. Rote Früchte passen gut oder gar pur kann man ihn trinken,» so die Empfehlung des Kellermeisters. Das hat ja keiner geahnt, damals, als wir noch Gordon’s im Schweppes ertränkten! «Ich hab Gordon auch nie gemocht, ehrlich gesagt,» meint Kern.

Das Weisse muss weg! Grüter zeigt, wie's geht. Bild: barfi

Gin: Traumhaft einfach

Grüter stimmt zu: «Ja klar, es ist ein Riesenboom.» Den Grund kennt er auch: Es ist sehr einfach, Gin zu herzustellen. Beim Whiskey erst vergärt, dann destilliert und dann auch noch lange gelagert werden. Gin ist da ganz anders. Schritt eins: Kräuter, oder «botanicals» in gekauften Alkohol einlegen, ein wenig verdünnen und fertig ist der Schnaps. Im Falle des Rheinbrand Gins wachsen diese Kräuter alle entlang des Rheins. «Mazerieren» heisst dieses Kräutereinlegen, aus dem Lateinischen für «zermürben». Schritte zwei und drei: optional. Man kann den Gin dann nochmal destillieren, muss man aber nicht, meint Grüter. Die meisten Gins haben eine Herstellungszeit von kaum mehr als einem Tag.

Grüter rät deswegen zum Mischgetränk: «Man kann Gin durchaus auch pur trinken, aber eine ungelagerte Spirituose ist dafür meist zu kantig.» Wenn schon, dann als Dry Martini, der praktisch nur aus Gin besteht. Den Drink gab es schon lange bevor es Martini gab, erklärt Grüter. Beim Gin Tonic rät auch er dazu, ein hochwertiges «Bleederliwasser» zu verwenden. Zur Gurke passt beim Hendrick’s auch noch ein wenig frischer Pfeffer. Sonst aber braucht jeder Gin seine passenden Garnitur. Grüter verzichtet darauf alles: Gin, Eis, Tonic. Mehr braucht es nicht.

Nicht nur in Basel: Die ganze Welt liebt plötzlich Gin. Bild: Pixabay

Zu jeder Flasche einen Elefanten

Was dem Barman nicht entgangen ist: Bei solch einem boomenden Markt wird das Feld schnell eng. «Mit einem guten Gin alleine sticht man nicht mehr aus der Masse heraus. Ein guter Name und ein gelungener Auftritt muss sein». Grüter reicht dazu eine Flasche Elephant Gin, bei dem der Name des Elefanten von Hand draufkalligrafiert wurde, mit welchem man mit dem Kauf eine Patenschaft eingegangen ist.

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