Ein Stück Deutschland mitten in Basel: Der Badische Bahnhof als Symbol der Verflechtung in der Region. Bild: Bildarchiv ETH Zürich
Ein Stück Deutschland mitten in Basel: Der Badische Bahnhof als Symbol der Verflechtung in der Region. Bild: Bildarchiv ETH Zürich
  • Andy Strässle
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Brennpunkt Badischer Bahnhof: Deutscher Bremsklotz in der Stadtentwicklung?

Die Zukunft der Region beginnt auch in Deutschland: Das Herz des S-Bahn-Projekts «Herzstück» ist der Badische Bahnhof. Und der gehört Deutschland. In der Grenzregion ist er ein Symbol für die enge Verflechtung mit den Nachbarn. Das kann die Entwicklung der Region ausbremsen.

Ausser aufs Tram oder den Bus warten, kann man am Badischen Bahnhof nicht viel machen. Eine rauchen oder Mami anrufen, vielleicht. Es ist ein düsterer Platz, an dem sich eine mehrspurige Blechlawine vorbeiwälzt. Zudem zerschneiden 16 Hektaren deutsches Hoheitsgebiet die Stadt durch einen Bahndamm. Um die Planung des Areals ist es still geworden: Zusätzliche Querungen des Areals für Fussgänger und Velos sind vorgesehen, so dass man von beiden Seiten zu den Geleisen und schliesslich in den anderen Stadtteil kommen kann. Auch sollen sich kulturelle und Wohnnutzungen weiter ergänzen. Aber das alles bleibt noch Zukunftsmusik.

Beinahe zurück zur Schweiz

Der Blick zurück zeigt, dass das ganze Gelände 1944 fast wieder zu Schweizer Territorium geworden wäre. Deutschland hatte bei der Schweiz 1,2 Milliarden Franken Kriegsschulden angehäuft. Der Bundesrat überlegte sich, ob er nicht sämtliche deutschen Bahnanlagen wieder in die Schweiz zurückholen wollte. Heute ist das aber kein Thema mehr. Die deutsche Enklave soll eine deutsche Enklave bleiben. So erklärt Marc Keller, Mediensprecher des Baudepartements, auf Anfrage von barfi.ch: «Grundeigentümerin des Badischen Bahnhofs ist das Bundeseisenbahnvermögen (BEV, also die Bundesrepublik Deutschland, nicht die Deutsche Bahn AG). Mit dem Staatsvertrag von 1852 wurde dem Grossherzogtum Baden das Recht übertragen, in den Kantonen Basel-Stadt und Schaffhausen eine Eisenbahn zu bauen und zu betreiben. Der genannte Staatsvertrag wurde in der Folge ergänzt durch eine Reihe von Vereinbarungen und Folgeverträgen. Selbstverständlich: wie jeder Vertrag kann auch dieser Staatsvertrag gekündigt werden. Ob und wie das wirklich machbar und vernünftig ist, bezweifeln wir.»

Schaut man auf den Euro-Airport – der liegt allerdings auf französischem Boden – so war der Aufschrei in Basel gross, als Frankreich auch für Schweizer Firmen französisches Arbeitsrecht einfordern wollte. Immerhin sind es die Schweizer Firmen, die am Euro-Airport das Geschäft ankurbeln und über 4'000 französische Nachbarn beschäftigen. Am Ende lenkte Frankreich ein, blieb aber stur, was das Dilemma mit der Mobilfunkversorgung anging. 

Machbar und vernünftig?

Beim Badischen Bahnhof mitten in der Stadt gelegen, bekennt sich Basel-Stadt zum deutschen Fleck auf der Landkarte. So stellt Keller klar: «Übrigens: Auch die Bahnhöfe der SBB gehören den SBB und werden nicht ‹zurückgekauft›. Die Situation am Badischen Bahnhof ist nicht viel anders als bei anderen Bahnhöfen. Einzige Ausnahme ist, dass das Gebiet zolltechnisch deutsches Gebiet ist.» So weit, so gut: Aber letztlich schreitet die Entwicklung gerade in dieser Ecke der Stadt rasant voran. So wird bald der zweite Roche-Turm in die Höhe wachsen. Die Messe Schweiz plant anstelle des Parkhauses bei der Rosental-Anlage einen weiteren Turm. Die Schorenstadt – selbstverständlich im Minergie-Standard gebaut – steht schon und auch die Erlenmatt wird noch wachsen.

Es ist also abzusehen, dass das Gebiet um den Badischen Bahnhof für die weitere verkehrstechnische Erschliessung und das Wachstum der Stadt eine zentrale Rolle spielen wird. Das bestätigt auch Marc Keller, wenn auch indirekt: «Falls die aktuelle Innenentwicklung, also die Verdichtung sich verstärkt, kann vermutet werden, dass Areale wie dieses – gute Erschliessung, Zentrumsfunktionen – verstärkt unter Druck geraten werden und der hypothetische Wert des Grundstückes steigt. Eine effektive Entwicklung setzt aber die Bereitschaft der Grundeigentümer voraus.»

Bremsklotz und Mahnmal für regionale Zusammenarbeit

So dreht sich die Sache im Kreis: Zwar wird der Badische Bahnhof in den nächsten Jahren zum Brennpunkt der Basler Stadtentwicklung und zum Mittelpunkt aller Entwicklungspläne im Kleinbasel und an der Grenze zu Riehen. Das reicht von der S-Bahn bis zur Verbindung von Rhein und Wiese. Am Ende bleibt das Gelände aber in deutschem Besitz: Eine planerische Hürde, festgezurrt durch Staatsverträge. Und damit ein Mahnmal, wie sehr man in der Region aufeinander angewiesen ist – deutlich über die Landesgrenzen hinaus. Für die Herzstückplanung heisst das wie schon beim Euroairport, dem Rheinhafen und den Tramlinienverlängerungen: Verhandlung, Reibereien, weitere Streitereien – und das wieder auf internationalem Niveau.

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