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  • NZZ am Sonntag / barfi
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Der Roche-Chef fürchtet sich nicht vor Tweets aus dem Weissen Haus

Pharmakonzern Roche konnte diese Woche mit Halbjahresresultaten aufwarten, die positiv überraschten. US-Steuersenkungen sei Dank legte der Umsatz um 7% zu, der Gewinn pro Aktie gar um 19%. 

 

Die Roche-Führung stellte ein Halten der Gewinne und ein mageres Wachstum bei den Umsätzen in Aussicht, da der Ausblick zu Beginn des Jahres sehr verhalten gewesen war. Angesichts der sich noch bis Ende 2019 hinziehenden Einbussen bei den drei grössten Umsatzträgern durch Nachahmer-Konkurrenz waren die Prognosen nachvollziehbar. Roche muss Umsätze in Höhe von rund 20 Mrd. Fr. zu einem guten Teil ersetzen. Der Führung war Anfang des Jahres noch nicht völlig klar, ob und wie gut dies gelingen würde. Roche-Chef Severin Schwan sagte der «NZZ am Sonntag» an der Medienkonferenz zu den Halbjahresresultaten: «Sicher ist man nur in Bezug auf die zu erwartenden Ausfälle.»

Neue Produkte kommen an

Bei den Patienten stossen die von Roche relativ neu eingeführten Medikamente auf grosse Nachfrage. Vor allem die Therapie gegen multiple Sklerose, Ocrevus, zeigt erstaunliches Wachstum. Ocrevus ist mit über 1 Mrd. Fr. Umsatz in sechs Monaten in die Liga der relevanten Roche-Arzneien aufgestiegen. «Das ist die mit Abstand erfolgreichste Produkteinführung von Roche», freut sich Schwan.  Auch das Brustkrebsmedikamente Perjeta wächst mit +23% stark. Weiter kommen eine ganze Reihe von Medikamenten dazu, die auf noch tieferem Niveau eine ansprechende Entwicklung zeigen.

Ein erleichterter Schwan stellte deshalb nun nach der Anspannung der letzten Monate eine wesentlich verbesserte Prognose fürs ganze Jahr. Umsatz und Gewinn aus dem operativen Geschäft sollen 2018 im mittleren einstelligen Bereich zulegen. Steuersenkungen für US-Tochterfirmen schenken zusätzlich ein. Der Gewinn pro Aktie erhöht sich dank der Roche-Tochter Genentech um rund 15%. 

Auch über Twitter-Aktionen des US-Präsidenten, die einige Wettbewerber (unter anderem Novartis) in den USA dazu gebracht haben die beabsichtigte Preiserhöhungen einzustampfen, sorgt sich der Roche-Chef nicht. Roche habe bei den letzten sieben Einführungen von neuen Medikamenten in den USA die Preise deutlich unter jenen der Konkurrenten festgelegt, sagt Roche-Pharma-Chef Daniel O’Day. «Wir verstehen die Herausforderungen im US-Markt. Die Dynamik der Preise machte keinen Sinn.» 

Schwan bekräftigt: «Es ist uns bei der Preisfestsetzung ganz wichtig, dadurch in den USA keine Hürden bei der Einführung aufzubauen». Der rasche Aufbau von Marktanteilen stehe im Vordergrund.

Roche habe auch danach nie versucht, durch starke Preiserhöhungen die Gewinne zu maximieren. «Wir haben sie in den USA lediglich entsprechend der Inflationsrate angehoben.» Das sei auch bei den amerikanischen Aufsichtsbehörden positiv vermerkt worden. «Wir unterscheiden uns da von der Politik mancher Wettbewerber.» «Die Amerikaner werden auch in Zukunft moderate Preiserhöhungen im Rahmen der Inflation zulassen» ist Schwan überzeugt. Für Roche würden deshalb auch neue Gesetze einiger US-Staaten, die Pharmakonzerne verpflichten starke Preiserhöhungen zu publizieren, nichts ändern. «Aber für Firmen, die ihre Preise immer wieder stark erhöht haben, könnten diese Transparenzgesetze durchaus Auswirkungen haben.»

Einen haben wir noch...

Mit den neu etablierten Medikamenten sieht sich der Konzern gewappnet. Es hängt von den 16 Produkten ab, die Roche in der späten Entwicklung hat, ob es noch ein bisschen besser geht. Diese Hoffnungsträger sollen in der Zeit nach 2020 zum Tragen kommen. Zwei Projekte aus dem Bereich der Augenheilkunde sehen vielversprechend und relativ risikoarm aus. Die Konkurrenz schläft zwar nicht, doch der Bedarf an Therapien gegen Makuladegeneration und durch Diabetes verursachte Altersblindheit ist gross. Roche ist seit Jahren in dem Segment tätig und würde diese Tradition gern fortsetzen.