• Christine Staehelin / Desiré Heimlicher
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Die fetten Jahre sind vorbei: MCH Group erklärt Millionenverlust

Eigentlich hat man es gewusst, der Messe geht es nicht mehr gut. Am Freitag vor der Fasnacht jetzt die Schock-Nachricht: MCH Group wird voraussichtlich einen Verlust von 110 Millionen Schweizer Franken für das Jahr 2017 schreiben. Ulrich Vischer, MCH Group Verwaltungsratspräsident, und René Kamm, MCH Group CEO, erklärten heute vor den Medien den Millionenverlust und gaben einen Ausblick auf die kommenden Jahre.                                                                                               

Die Gründe:

Aus der Geldmaschine wurde ein Verlustgeschäft

Neben dem erschreckenden Abschreiber verunsichert vor allem ein Satz: «Baselworld ist nicht mehr die grösste Messe in unserem Portfolio», sagt René Kamm. Dies ist zugleich der Hauptgrund für die voraussichtliche Verlustbilanz der Messe Schweiz. Die Negativ-Meldungen häuften sich, Aussteller um Aussteller zogen sich von der ehemaligen Uhren- und Schmuckmesse zurück. Dieses Jahr werden zweihundert Aussteller weniger vertreten sein als noch im Vorjahr. «Die Baselworld wird kleiner und so sinken auch unsere Einnahmen mit dieser Messe», erklärt René Kamm. Die riesigen Flächen der Bauten können nicht mehr voll an Aussteller vermietet werden. «Der Gesamtwert der Hallen liegt bei 402.1 Millionen Franken, wir verzeichnen eine Abschreibung von 25 Prozent», sagt Ulrich Vischer, Verwaltungsratspräsident der MCH Group. 

Baselworld ist zu einer Messe geworden, die den aktuellen Wünschen und Gegebenheiten der Aussteller nicht mehr begegnen kann. Es ist eine Plattform für Händler, welche den Produzenten – und nicht den Endkunden - ihre Produkte zeigt. «Die grossen Marken verkaufen ihre Produkte über eigene Retail-Outlets», erklärt René Kamm. Dies war vor einigen Jahren noch nicht der Fall, doch die Funktion der Baselworld wurde durch diese Entwicklung für einige obsolet. Das Verlustgeschäft war heute leider nicht die einzige schlechte Nachricht der MCH Group: In den nächsten zwei Jahren rechnet die Lleitung mit einer weiteren Verkleinerung der Luxusmesse. Nebst den grossen Marken verschwinden auch die kleineren Uhren- und Schmuckmarken, die für die Diversität der Baselworld gesorgt haben. «Wir gehen davon aus, dass es in absehbarer Zeit nur noch rund fünfzig globale Uhrenmarken aus der Schweiz geben wird», sagt René Kamm. Eine sehr geringe Zahl, wenn man an bis zu siebenhundert globalen Player aus der Schweiz denkt, die es noch vor einigen Jahren gab.

Sparen ist angesagt  

Vergangenes Jahr gab es nicht nur die oben erwähnte Sonderabschreibung, sondern auch eine sogenannte Sonderrückstellung in der Bilanz. Die MCH Group führt eine strukturelle und organisatorische Optimierung im Schweizer Geschäft, die 17 Millionen Schweizer Franken beträgt, und zur dieser Sonderrückstellung führte. Der Ausschlag dafür liegt in der Romandie. «Die MCH Group ist bis ins Jahr 2021 in Lausanne als Exklusivvermarkter der gesamten Infrastruktur tätig», erklärt René Kamm. Da auch die Romandie von den Veränderungen der Messelandschaft betroffen ist, möchte die MCH Group dort eine Reorganisation durchführen. Die sei ein hoher Kostenpunkt, so René Kamm. «Wir möchten in Lausanne nicht mehr als Exklusivvermarkter tätig sein, sondern nur noch rentable Gastmessen durchführen. Wir müssen die Kostenbasis im Schweizer Geschäft optimieren, das ist eine Tatsache».                                

Keine Swissbau

Die negativen Effekte des vergangenen Jahres lagen aber nicht nur in den oben genannten Veränderungen, sondern auch im vernünftigen Businessmodell der Messe selber. «Es war zyklusbedingt ein schwaches Jahr», sagt Ulrich Vischer. Im vergangenen Jahr fand beispielsweise die Swissbau nicht statt, die nur alle zwei Jahre abgehalten wird, und auch einige weitere kleinere Messen sind nicht verschwunden, sondern hatten ein Jahr Pause.

Was bringt die Zukunft?

Die eingeschlagene Unternehmensstrategie wird laut René Kamm mit Nachdruck weiterverfolgt. Dies beinhaltet weitere Akquisitionen und einen verstärkten Ausbau des internationalen Geschäfts. Gerade das Zugpferd Art Basel, das zwar nach wie vor sehr erfolgreich agiert, dessen Potential aber ausgeschöpft ist, würde bei einer Beibehaltung des Status Quo sowohl an Qualität einbüssen als auch den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden. Mit der «Grand Basel», einem neuartigen Format im Segment Kunst, will man die Erfolgsstory der Art Basel wiederholen. Die «Grand Basel» wird dieses Jahr ihre Premiere erleben. Weitere Kunstmessen in den USA, in Asien und dem Mittleren Osten werden folgen.

Neu: Ausbau und Digitalisierung des Kunstmarktes

Mit der «Masterpiece» in London soll dem Markt für antike und moderne Kunst sowie Bücher, Design, Schmuck und Keramik eine attraktive Plattform geboten werden. Vielversprechende Perspektiven erwartet die MCH mit «Regional Art Fairs», die den Zukunftsmarkt der regionalen Kunstmessen breit abdecken sollen. Abgestützt werden diese neuen Konzepte durch den konsequenten Ausbau der digitalen Strategie, wie zum Beispiel der Lancierung einer Augmented Reality-App, die an der «Art Düsseldorf» erstmals eingesetzt wird. Das Ziel dieser Massnahmen ist die Vernetzung aller Galeristen und Sammler untereinander.

Wie sieht es im traurigen Jahr mit Dividenden und Boni aus? 

Ob Dividenden ausgeschüttet werden, hat der Verwaltungsrat der MCH noch nicht entschieden. Bei der letzten Sitzung des VR war dies aber ein vieldiskutiertes Thema. Die allfällige Auszahlung von Dividenden, hängt vom Abschlussergebnis ab. Am 20. März dieses Jahres wird dies der Öffentlichkeit bekannt gegeben.

Das Bonussystem der MCH besteht aus drei Teilen: Gewinn der MCH-Gruppe, die Business Performance und die individuelle Leistungsbeurteilung. Dies gilt für alle Mitarbeitenden, unabhängig von der Position. Beim ersten Baustein, dem Gruppengewinn, müssen alle auf Boni verzichten, Performance und individuelle Leistung werden trotz Verlust belohnt. Nur ein Mitarbeiter ist ausschliesslich beim Unternehmensgewinn bonusberechtigt: René Kamm. Dieses Jahr mit 0 Prozent. Das Bonusreglement der MCH soll allen Mitarbeitenden gute Löhne garantieren, wie man heute vernahm, ist dies aber momentan nicht einzuhalten.

Die heutigen Nachrichten bestätigen, was man schon lange vermutet hat. Nun hat die Führungsetage der MCH Group hat ihre hohen Verluste ungeschönt erklärt. MCH Group wird in den nächsten zwei Jahren keine hohen Gewinne mehr verzeichnen, doch hofft man auf einen Silberstreifen am Horizont: Ab 2021 soll es wieder aufwärts gehen. Die heute bewiesen Offenheit des VR-Präsidenten und seines CEO lassen diese Hoffnung zu. 

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