Ein unansehliches Gewirr. Zeit für die behördlich verordnete «tabula rasa»!
Ein unansehliches Gewirr. Zeit für die behördlich verordnete «tabula rasa»!
  • Jonas Egli
  • Aktualisiert am

Endlich, die Basler Innenstadt wird velofrei!

Für die Fasnacht wird die Stadt umgekrempelt. Hunderte von Arbeitsstunden, Fahrzeugen und Absperrgittern sind nötig, um die Innenstadt Cortège-kompatibel zu machen. Eine von vielen Massnahmen: Velos haben in der Innenstadt nichts mehr zu suchen!

120 Fahrzeuge des Tiefbauamtes sind alleine für die Reinigung von Morgen- bis wenige Stunden nach dem Ändstreich nötig. Hinzu kommen all die Dinge, die bereits vorsorglich aus dem Weg geräumt werden müssen um Platz zu machen für improvisierte Trottoirbars, Dixieklos, Vaubangitter und Terrorpoller. Sitzbänke? Lieber Schnitzelbänke. Mülleimer? Braucht keiner. Fahrräder? Abfahren. Sie haben richtig gelesen: Zur Fasnacht wird die Innenstadt velofrei. 

Die Massen von Fahrrädern auf den Cortège- und Gässle-Routen müssen weichen, die Polizei hat vorsorglich Schilder und Infozettel angebracht, welche davor warnen: Fahrräder, die sich nach dem 18. Februar, 00.00 Uhr noch in der heiklen Zone befinden, werden verhaftet. Für Gesindel wie Mülleimer und Fahrräder ist kein Platz, da macht die Stadt keinen Unterschied. Sie spricht unzimperlich von einer «Demontage». Klare Worte. Ob die Fahrräder in den genannten 170 Tonnen, die die Stadt nach eigenen Angaben «aus- und wiedereinbringen» muss, dazugezählt werden, steht da nicht.

Das Winterdilemma, nun noch grösser

Und ob dies nun als die gerechte Strafe der Peiniger oder als notwendiges Übel in schwierigen Zeiten angesehen werden soll, es trifft sich schlecht mit den winterlichen Gewohnheiten der Bebbi. Dunkelheit und Kälte erschweren das frühe Aufstehen, die Zeit zwischen Wohnungstürezuschlagen und Tramtür-Hechtsprung wird mit jedem Tag kürzer. Am Ende bleibt irgendwann nur die eine Möglichkeit: Notfallmässig mit dem Rad zur Arbeit brausen. Die Ernüchterung folgt später. Gerade im Winter ist die Lust schmerzhaft gering, abends wieder heimzuradeln. Komfort und Wärme der öffentlichen Verkehrsmittel übertrumpfen alle sportlichen Ambitionen. Am Tag danach: Dasselbe. Übermorgen: Genauso. Das wiederholt sich, bis zwischen den Speichen der Staub auf den Spinnenfäden selbst Staub ansetzt. Mañana, übermorgen, im Frühling dann!

So geht es auch: Einmal vergessen, für immer hinter Gittern. Gesehen an der Feldbergstrasse.

Wer zu dieser bemitleidenswerten Spezies gehört, sollte nun die Chance nutzen, das verstossene Gefährt sicher nach Hause zu bringen, bevor der Kastenwagen kommt. Die hämisch lachenden Autofahrer sollen sich nicht zu früh freuen: Ihre Parkflächen werden genauso aufgehoben. Doch Autofahrer tendieren weniger dazu, ihr Fahrzeug wochenlang an einen Laternenpfahl zu ketten.

Wenn schon geklaut, dann am liebsten von der Polizei selbst

Netterweise bringt das Tiefbauamt auch wieder zurück, was es gehortet hat: «Sowohl die Abfallkübel als auch die Sitzbänke werden bereits wieder in der Woche nach der Fasnacht montiert.» Nicht so die Drahtesel. Immerhin: Im Sammeldepot der Polizei ist der Göppel wenigstens im Trockenen und wird auch nicht (noch einmal) geklaut. Zudem, über die Fasnacht muss ohnehin keiner morgens zur Arbeit, das Rad wird also gar nicht vermisst. Chaise statt Drahtesel, so geht’s auch. Nach den «drey scheenschte Dääg» kann man das Gefährt bei der Zweiradsammelstelle der Polizei an der Zeughausstrasse wieder abholen. Gratis ist das nicht, wird aber mit 35-55 Franken kaum teurer als die Innenstadt-üblichen Parkhausgebühren werden. Spätestens im Frühling werden Sie froh sein darum, womöglich schon am Morgen nach dem Fasnachtsmittwoch, wenn das Aufstehen besonders schwerfällt.

Am Ende kann niemand sagen, sie hätten's nicht gesagt. Fasnacht bedeutet auch: Ein Wald von Schildern.

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