Das «Fumare» ist jetzt ein Zug. Bilder B.Heeb/A.Schwald
Das «Fumare» ist jetzt ein Zug. Bilder B.Heeb/A.Schwald
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«Isch bi Ihne no frei?»: Das Raucherparadies ist jetzt ein Raucherabteil

Das «Fumare» des Unternehmens Mitte ist wieder offen. Es ist die letzte heilige Exklave der Raucher in der Basler Innenstadt. Und jetzt auch ein Paradies für Eisenbahnromantiker.

«Grüezi, ähm, isch ächt do no frei?», fragte man früher im Raucherabteil der SBB-Züge. Und tatsächlich, frei war dann meistens, man setzte sich dazu und kam irgendwann ins Gespräch. Vielleicht weil man jemandem eine Zigarette ausriss, vielleicht weil man Feuer brauchte, in der Regel aber, weil man mit dem interessanten Gegenüber reden mochte. Das ging in den Raucherabteilen irgendwie einfacher als im Nichtraucher-Abteil. Schliesslich eint die Raucher das Bedürfnis, ihrer liederlichen und überflüssigen Sucht zu frönen. Die Nüchternheit und Stille der anderen Pendler dort drüben im Abteil der Gesunden war nie so einladend wie die grossen braunen Augen der hübschen Frau, die da vis-à-vis sass, leger an ihrer Parisienne Orange zog und verträumt nachdenklich aus dem Fenster blickte.

Ja, das kann man männliche Übergriffigkeit nennen, eine Frau zu stören, die doch nur aus dem Fenster schaut und in Gedanken versunken ist. Und im Nichtraucher-Abteil wäre dem auch definitiv so gewesen, dort war die Welt geregelt, Kindergeschrei, Sandwich, Zeitungsleser. Im verruchten, rot bezogenen Raucherabteil aber war man unter sich. Ja, man unterhielt sich sogar mit anderen. Im Zug. Muss man sich mal vorstellen, heute. Wo alle Kopfhörer in den Ohren haben und überhaupt an Dichtestress leiden.

Das Reservat einer sterbenden Gattung

Die Romantik ist jetzt zurück. Im «Fumare», dem Raucherabteil des Unternehmens Mitte. Die einzige Raucheroase der gesamten Innenstadt hat wieder geöffnet, nach langer Sommerpause und Umbauzeit. Etwas spezielles versprachen die Macher, und sie hielten Wort. Aus dem Raucherabteil wurde – ein Raucherabteil. Mit alten Sitzen der SBB, sogar mit Hutablage und den kleinen Tischchen, auf denen garantiert kein Laptop Platz hat. Schliesslich arbeitete man damals auch nicht mit dem Computer im Zug. Die Mühle gehörte auf den Schreibtisch und nicht zum Pendeln.

Damit wird das «Fumare» ein doppeltes Reservat. Für die Raucher wie für die Zugromantiker, die sich das Raucherabteil zurücksehnen. Der Vorteil der neuen Einrichtung: Man sitzt in Viererblöcken quasi in Separées. Das ist für Gruppen, aber auch für Einzelne angenehm. Und ja, pardon, aber das mit dem charmant lächelnden «Ist hier noch frei?» kommt jetzt auch wieder zurück. Haben Sie mir vielleicht eine Zigarette? Fahren Sie die Strecke öfter? Ah ja, ich heisse übrigens undsoweiterundsofort.

Für Eisenbahnkinder und solche, die es sicher werden

«Ich bin eben ein Eisenbahnkind», sagt Kaffeechefin Theresa Prüßen zum neuen Konzept. Gemeinsam hat das Team der Mitte Material beschafft und während Wochen umgebaut. Und noch sehen die Sitze hübsch und neu aus, ohne die bekannten Brandlöcher aschernder Zigaretten. Laptop-Arbeiter werden den runden Tischen nachtrauern, von denen es zwar schon noch gibt, aber längst nicht mehr so viele wie früher. Das «Fumare» ist jetzt offiziell ein Raucherabteil und kein Arbeitsraum mehr.

Die Arbeiten hat das Team rechtzeitig auf den Herbst hin abgeschlossen. Der Bedarf nach einem Indoor-Raucherplätzchen steigt für Kaffeekonsumierende in der kalten Jahreszeit deutlich. Und auch wenn die Zahl der Raucher laut Bundesamt für Gesundheit langsam aber stetig abnimmt, gibt es doch noch genug Wahnsinnige, die sich aus purem Genuss mit dem schädlichen Suchtmittel eine Auszeit gönnen. Und sei es nur, damit man mit dem sympathischen Gegenüber irgendwie ins Gespräch kommt.