Zwei Sexualdelikte und zwei blutige Messerstechereien: Ein Kriminalwochenende in Basel. ©Keystone/barfi
Zwei Sexualdelikte und zwei blutige Messerstechereien: Ein Kriminalwochenende in Basel. ©Keystone/barfi
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Vergewaltigung, Messer und blanke Fäuste: Wie sicher ist Basel noch?

Eine Frau wird am frühen Sonntagmorgen im Erlenmattquartier mehrfach vergewaltigt. Zwei Tage zuvor wurde eine andere Frau in der Elisabethenstrasse angegriffen und sexuell belästigt. Ebenfalls dieses Wochenende passiert: Zwei Messerstechereien unter Männern. Selbst die Regierung sagt mittlerweile: Basel ist gewalttätiger als andere Schweizer Städte.

Dieses Septemberwochenende war von Gewalt geprägt und von besonders miesem Ausmass dazu. In der Nacht auf Sonntag nahm ein Mann eine Frau mit in seine Wohnung; dort vergewaltigte er sie. Die Frau konnte fliehen, um Hilfe rufen – aber der Mann eilte ihr nach, zerrte sie zurück in die Wohnung und vergewaltigte sie erneut. Erst um 6.30 Uhr schaffte sie es wieder, aus dem Haus zu gelangen. Und dieses Mal konnte sie die Polizei alarmieren. Jetzt wird  nach einem 25-Jährigen gefahndet. Der mutmassliche Täter sei etwa 170 bis 175 Zentimeter gross, normale Statur, dunklere Hautfarbe, spreche Spanisch. Er wurde der Polizei offenbar als Südamerikaner beschrieben.

Glück hatte zwei Tage zuvor eine Frau in der Elisabethenstrasse. Das Erlebnis war dennoch nicht weniger Horror: Ein Mann verfolgte die Frau, dann griff er sie an und nötigte sie sexuell. Es geschah gegen 21 Uhr und zum Glück waren beherzte Passanten in der Strasse. Sie griffen ein, verfolgten den Mann, der Richtung Bahnhof floh, wo ihn die Polizei schliesslich fasste. Beim Verdächtigen handle es sich um einen 31-jährigen Franzosen, schreibt die Staatsanwaltschaft. Auch hier werden Zeugen gesucht.

Blutige Messerstechereien

Und dann sind da noch die gewaltsamen Streitereien, bei denen Messer im Spiel waren. Ebenfalls an diesem Wochenende geschehen: Am frühen Samstagmorgen stachen ein 38-jähriger Portugiese und ein 33-jähriger Angolaner im Bereich des Unteren Rheinwegs aufeinander ein, sie hatten Streit. Beide gingen mit Verletzungen in die Notfallstation. Und dann wurde am Sonntagnachmittag gegen 16.30 Uhr ein 38-jähriger Mann in der Burgfelderstrasse bei einer Auseinandersetzung mit einem 42-Jährigen schwer verletzt. Der mutmassliche Täter, ein Schweizer, hatte mehrfach auf das Opfer eingestochen, schreibt die Staatsanwaltschaft. Er wurde festgenommen. 

Das geschah alles an einem Wochenende im September. Solche Mitteilungen sind aber keine Seltenheit. Jedes Wochenende kommen weitere Meldungen dazu. Hier eine Messerstecherei oder eine gewaltsame Auseinandersetzung mit Fäusten, Fälle von sexueller Belästigung sind keine Seltenheit, längst nicht nur in den Ausgangsmeilen im Kleinbasel und rund um die Heuwaage. Natürlich, an einem Party-Wochenende ist die Stadt voller Menschen, Alkohol fliesst, Hormone lassen Körper beben, Sicherungen knallen durch. Doch die Dichte der Meldungen ist auffällig: Messer hier, Messer da und immer wieder Sexualdelikte.

Gewalt tritt in Basel häufiger auf als in anderen Städten

Vor einer Woche veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt eine Halbjahresstatistik der Kriminalität. Im ersten Halbjahr sei ein Rückgang der Gesamtkriminalität um zehn Prozent festzustellen gewesen, schrieb die Behörde. Eine leichte Zunahme sei jedoch speziell in den Bereichen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie bei Einbrüchen auszumachen gewesen. Bei Tötungsdelikten – inklusive Versuchen – sowie bei Vergewaltigungen ist beim Vergleich mit dem vergangenen Jahr auf die entsprechenden Fallzahlen zu achten. Die Zunahme um 40 Prozent habe damit zu tun, dass Tötungsdelikte in Basel zum Glück selten seien und schon einziger Fall den Prozentrechner in die Höhe treibe. Sogar die Regierung räumte bereits offiziell ein: «Bei den Gewaltdelikten fällt auf, dass diese in Basel zwar relativ zur Bevölkerung seit 2011 rückläufig sind, im Vergleich mit anderen Städten jedoch häufiger auftreten.»

Als lauteste Partei reagierte die SVP, die stärkere Ahndung von Gewalt gegen Polizisten forderte und weitere Massnahmen, vor allem im Bereich der Einbruchdiebstähle. Was allerdings an Wochenenden wie diesem auf der Strasse passiert, ist da nicht gross berücksichtigt. Dass die Polizei an so genannten Hot Spots präsent ist, begrüsst die Partei, mahnt aber an, dass Umstrukturierungen im Korps mit Rücksicht auf die Präsenz angegangen werden müssen. Doch Tatsache bleibt: Die Polizei kann oft nur reagieren. Oder eben durch uniformierte Präsenz abschreckende Wirkung entfalten.

Die Regierung will handeln 

Fälle, wie jenen der mehrfachen Vergewaltigung, verhindert das allerdings nicht. Vielleicht hätte eine stärkere Polizeipräsenz im Quartier geholfen. Vielleicht auch ein aufmerksamer Nachbar, der die ersten Schreie der Frau gehört hätte. Alles Spekulation, denn passiert ist passiert. Und passiert ist es in einer ruhigen Ecke der Stadt, in einer Privatwohnung. 

Basel wächst, und das Unterhaltungsangebot der Stadt ist gross. Mit dem Wachstum und der zunehmenden Dichte vermehrt sich aber auch die Gewalt. Basel ist kein Dorf, und auch wenn die Eingesessenen vielleicht noch die Polizisten persönlich kennen: Die jüngeren Generationen, auch die der Zuzüger, sind städtischer orientiert als es den älteren lieb ist. Darauf muss der Kanton sicherheitspolitisch reagieren. Das sieht auch die Regierung so. Sie hat ihre Schwerpunkte nun klar gesetzt: Verstärkt bekämpft werden sollen Gewaltstraftaten, Einbruchdiebstahl und Menschenhandel. Und einen deutlicheren Beweis für die Richtigkeit dieser Handlungsanweisung an die Polizei als dieses Wochenende gibt es nicht.

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