• Christian Platz
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Vogel Gryff 2017: Dr Lai winggt mit de Datze

Dieses Jahr steht der Vogel Gryff im Zeichen des «Lai», wie man in echtem Baseldytsch sagt, der kommune Volksmund nennt ihn einfach «Leu» – und so wollen wir es auch in diesem Artikel halten. Das Ehrenzeichen der Ehrengesellschaft zum Rebhaus ist ein Symbol für Macht, Licht, Kraft. 

Heute um ca. 10.30 Uhr, die genaue Zeit ist vom Wasserstand des Basler Hausflusses abhängig, beginnt der höchste Feiertag des Glaibasel offiziell –mit der Abfahrt des Wild Maa beim Horst oben. Um elf Uhr wird er beim Kleinen Klingental von Leu und Vogel Gryff erwartet. Nun sind sie wieder vereint, die drei Ehrenzeichen, für einen wunderbaren Tag der Tänze im minderen Basel; hier finden Sie die diesjährige Marschroute des Spiels.

«E jedes Joor im Jänner» zieht der Vogel Gryff durchs Glaibasel. Der Termin sowie der Vorsitz der einzelnen Ehrengesellschaften rotieren zwischen drei Daten. 13. Januar, Rebhaus, 20. Januar, Hären, und 27. Januar, Greifen. Dies hat mit dem Ursprung des Brauchs zu tun.

Denn einst zogen die Gesellschaften mit ihren Ehrenzeichen getrennt durchs Glaibasel, zur Waffenmusterung. Schliesslich waren sie die Milizen, die das rechtrheinische Basel beschützten und verteidigten. Sie waren auch für die Absicherung der Stadtmauern verantwortlich. Erst im Jahr 1839 wurden die drei Anlässe zusammengelegt.

Tief im Mittelalter

Doch ihr Ursprung liegt tief im Mittelalter, ist hinter den Nebeln der Geschichte verborgen. Urkundlich erwähnt wurde der Musterungsumgang der Ehrengesellschaft zum Rebhaus, also just jener, die dieses Jahr den Vorsitz führt, erstmals für den 13. Januar 1304. Also sogar noch vor der Vereinigung von Klein- und Grossbasel, die 1392 stattfand. Eine Chronik aus dem späten 16. Jahrhundert, die alle drei Waffenmusterungen beschreibt, bezeichnet die Umgänge bereits als «altes Brauchtum».

Nun begehen die drei Ehrengesellschaften also seit 168 Jahren den Vogel Gryff-Tag gemeinsam, mit wechselndem Vorsitz. Die Ehrengesellschaft zum Rebhaus, die dieses Jahr an der Reihe ist, war ursprünglich ein Zusammenschluss der Kleinbasler Rebleute unter deren Mitgliedern aber von Anfang an auch Bauern und Gärtner zu finden waren, die in vielen Belangen eng mit den Rebleuten zusammenarbeiteten, gerade wenn es um Schutz- und Aufsichtspflichten ging.

Rebmesser auf grünem Grund 

Ihr Wappen zeigt heute ein Rebmesser mit braunem Griff auf grünem Grund. Das war nicht immer so. Zu Anfang lag ein rotes Feld unter dem Messer. Allerdings gab es deswegen immer wieder Streit mit der Grossbasler E. Zunft zu Rebleuten, die exakt das gleiche Wappen führte. Es waren die Kleinbasler, die nachgegeben haben. Sie änderten ihr Wappen. Die erste veränderte Version zeigte fünf kleine Rebmesser auf grünem Grund. Später ist man dann wieder zu einem Messer zurückgekehrt, weil die Grossbasler ihr Wappen verändert hatten.

Von Anfang an war der Wappenträger, also das Ehrenzeichen des Rebhauses ein Löwe. In der Heraldik des Mittelalters war er eines der beliebtesten Tiere. Er steht für Macht, Kraft, Würde, Königlichkeit, aber auch für Licht und Weisheit. Im Altertum stand der Löwe auch oft als Symbol der Sonne, die ja nur im Deutschen von einem weiblichen Artikel angeführt ist, in den meisten Sprachen haben wir es mit einem Herrn Sonne (und einer Frau Mond) zu tun.

Sprüht vor Lebendigkeit 

Der Leu der Ehrengesellschaft zum Rebhaus ist ein besonders wendiger, eleganter Vertreter seiner Gattung, als würde er noch ein kleines Fünckchen jenes anderen beliebten Wappentiers aus der Katzenfamilie in sich tragen, des Leoparden nämlich. Seine rechte Hand ist beim Tanz erhoben, er hüpft und springt, dass es eine wahre Freude ist, der Leu sprüht vor Lebendigkeit; der Mann, der unter diesem Kostüm agiert, muss besonders schnell und beweglich sein.  

«Schottisch»

Das Trommelmärschli, das diesen Tanz begleitet, basiert auf dem Rhythmus, dem man «Schottisch» nennt, früher nannte man ihn auch «Hopser», er ist zudem ein Verwandter der Polka. Er ist natürlich in einem 4-4-Takt gehalten, bei dem auf drei Schritte eine Art eingebauter Hüpfer folgt, den Tänzer und Trommler gemeinsam ausführen. Dieses Hüpf-Moment kann man bei den Tänzen unseres Leu exemplarisch beobachten. Die Tänze der drei Ehrenzeichen wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein übrigens auch von Pfeifern begleitet.

Im Jahr 1750 kam es während des Musterungsumgangs des Rebhauses übrigens zu einem tragischen Vorfall. Die Vorgesetzten erlaubten einem arbeitslosen Maurer, der bekanntermassen gesundheitlich angeschlagen war, gegen ein Entgelt den Leu zu tanzen. Er erlitt während dem Umzug durchs Kleinbasel einen tödlichen Schlaganfall.   

Höhen und Tiefen 

Wie jeder Brauch hat auch der Vogel Gryff seine Höhen und Tiefen durchgemacht. Nach der Reformation wollte die Geistlichkeit die Musterungsbräuche immer wieder verbieten. Diese Versuche wurden von den wackeren Kleinbaslern jedoch immerzu ignoriert. Für diesen Starrsinn können wir heute dankbar sein. Denn sonst hätten wir den höchsten Feiertag des Glaibasel wohl nicht mehr, auf den wir uns jedes Jahr freuen wie die Schneekönige. Und heut', ja heute, ist es endlich wieder soweit! 

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