© Jan Geerk
© Jan Geerk
  • Christine Staehelin
  • Aktualisiert am

Weshalb spielt das Wetter gerade so verrückt?

Überschwemmungen, Gewitter und Unwetter: Das Wetter ist derzeit alles andere als sommerlich schön. Barfi.ch hat sich bei einem Wetterexperten nach den Gründen erkundigt.

Unwetter-Warnungen sind in diesen Wochen an der Tagesordnung. Die Region Basel blieb gestern zwar von grösseren Unwetterschäden verschont, doch die Strassen von Lausanne verwandelten sich gestern Abend in reissende Bäche, auf einzelnen Plätzen wurde die Pflastersteine weggeschwemmt. Heute Morgen waren in der Romandie wegen Unwetterschäden drei Bahnlinien unterbrochen. Es ist an der Zeit, nachzufragen, weshalb das Wetter zurzeit verrückt spielt.

© Keystone

«Es ist nicht verrückt, sondern aussergewöhnlich. Solch extreme Wetterbedingungen gab es in unseren Breitengraden immer wieder», erklärt Karl G. Gutbrod, Geschäftsführer bei der Basler Firma «meteoblue, das aktuelle Wetter». Das an der Universität Basel gegründete und seit 2006 eigenständige Unternehmen, bietet seit zehn Jahren ortsgenaue Wetterprognose für mehr als fünf Millionen Orte weltweit. 

Zwischen schön und schlecht

via GIPHY

Es ist keine unheilvolle Macht hinter dem schnell wechselnden Wetter, sondern einfach erklärbar. «Der Grund für die derzeitige Wetterlage ist ein relativ stabiles Hochdruckgebiet in Nordeuropa, das trockene, feuchte Luft über diesem Gebiet hält», erklärt Karl G. Gutbrod. Die Grosswetterlage führt dazu, dass sich warm-feuchte Luft und kalte Luft mischen. Dies ist ein Rezept für viele lokale Gewitter. Und es wird noch einige Zeit so bleiben. «Es handelt sich um ein grossräumiges Wetterphänomen, das sich wochenlang hält», erklärt Karl G. Gutbrod. Und doch konnte man beobachten, dass es in einigen Basler Quartieren gewittert und in anderen nicht. Karl G. Gutbrod erklärt dieses Phänomen. «Das gehört zur Wetterlage. Wenn sich die Heissluft nach oben boxt, breitet sich das Gewitter mehr oder weniger aus. Es kann in einem Abstand von 500 Metern regnen oder eben nicht».

Verregnete Sommerferien? 

© Keystone

Im Sommer 2006 gab es ebenfalls eine solche Grosswetterlage. Während vier Wochen war es pausenlos schön, regenlos. «Damals war niemand beunruhigt, denn es war die Weltmeisterschaft in Deutschland», erinnert der Experte von meteoblue. «Es war das Sommermärchen 2006». Doch Anfang August vor zwölf Jahren gab es eine Wende und eine Kaltfront brachte Regen und Kälte. Es gibt Jahre, in denen die Ausschläge gemässigter und solche, in denen sie stärker sind. In den nächsten zwei bis drei Wochen wird sich das Gebiet verschieben. «Rein statistisch gesehen tippe ich darauf, dass das Wetter im Juli schlecht wird», prophezeit Karl G. Gutbrod. Die Sommerferien werden also in unseren Breitengraden verregnet sein. Einen Hoffnungsschimmer gibt es dennoch. «Das Wetter war und ist in Mitteleuropa variabel». 

Hitze gefährlicher als Unwetter 

Trotzdem hat man den Eindruck, dass die Folgen des Wetters verheerender sind als früher. «Ein normaler Bürger kann sich in der Regel vor Hagel und Regen in Sicherheit bringen», sagt Karl G. Gutbrod. «Weitaus gefährlicher sind die Folgen der Hitze. Die Zahl der Hitzetoten, die Kollapse sowie die Herz-Kreislauf-Probleme sind weitaus gefährlicher als Unwetter».

Den Rhein zu Fuss überqueren

Richtig unangenehm werde es, wenn es lange nicht mehr regnen sollte. «Es ist dann ein Problem, wenn die Landschaft gelb wird, die Menschen nicht mehr duschen können, wie in Sizilien», gibt der Wetterexperte zu bedenken. Die Erderwärmung fördert das Gletscherschmelzen. «Man kann sich vorstellen, dass der Rhein in einigen Jahrzehnten an gewissen Stellen zu Fuss überquert werden kann».

Tornados gehören dazu

Tornado in Kanada © Wikimedia | Justin1569 

Über zu wenig Regen kann man sich in der Region Basel im Moment nicht beklagen. Gewitter und Regengüsse sind an der Tagesordnung. Ist in Zukunft mit noch extremeren Wetterbedingungen zu rechnen, wie zum Beispiel im Mai als ein Tornado über Viersen, das im Westen des Landes Nordrhein-Westfalens liegt, fegte? Bei einem Tornado klumpen sich mehrere Gewitter zusammen und werden so gross, dass sie die gleiche Rotation einnehmen. «Tornados gab es immer wieder, auch bei uns», sagt Karl G. Gutbrod. Diese Erscheinung sei jedoch selten, da die Gebirge die Gewitterzellen abschwächen. «Wir werden jedoch öfter Tornados erleben. Auch wenn es keine regelmässige Erscheinung sein wird», sagt der Wetterexperte. Ein grosser Tornado fegte 1972 vom Schwarzwald über Pforzheim nach Stuttgart. Die Schneise ist noch heute zu sehen. Dort, wo der Tornado durchging, wurde der Ursprungszustand des Waldes nicht mehr erreicht. 

Wetterprognose 

Die kommenden Tage werden voraussichtlich etwas stabiler, danach wird es wieder instabiler. © Meteoblue

Heute Dienstag ist das Wetter grau, kalt und nass. Die Angst vor grossen Unwettern und Überschwemmungen in der Region ist gross. «So schlimm wie in den vergangenen Wochen wird es wohl nicht mehr», beruhigt Karl G. Gutbrod. «Im Gegensatz zu den vergangenen Wochen kommt eine flächendeckende Front, die die Energie verteilt und sich nicht auf einzelne Gebiete konzentriert». Zudem verliert die Front, von Südfrankreich herkommend auf ihrer Reise an Kraft. Die kommenden Tage werden voraussichtlich etwas stabiler, danach wird es wieder instabiler. Man darf jedoch nicht vergessen: Das Wetter war und ist variabel. Heutzutage hat man wenigstens Wetter-Apps, die uns am Morgen sagen, ob ein Schirm und Gummistiefel nötig sind oder nicht.

Sonne und Regen wechseln sich derzeit in Basel ab © barfi.ch

Zur Wetterprognose

Titelbild: Jan Geerk 

Was halten Sie von den momentanen Wetterkapriolen? Sagen Sie es uns hier.