©Blog TagesWoche/M.Oppliger
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  • Andreas Schwald

Zumutung «Gläbbergässli»: Fasnächtler empört, aber Hände sind gebunden

Die Grünpfahlgasse ist während der Fasnacht zu einer der düsteren Schneisen der Stadt geworden – obwohl sie direkt ans Herz der Fasnachtswelt grenzt: an den Rümelinsplatz. Noch am Ändstraich-Abend hielt ein Dutzend Polizisten präventiv die Menge in Schach.

Angepöbelte Fasnächtler. Laserpointer-Attacken auf Vordrääbler. Handgreiflichkeiten mit ganzen Stammvereinen und Zuschauern: Das sind nur drei Beispiele aus den Rückmeldungen zu einem Artikel von barfi.ch über das «Gläbbergässli» Grünpfahlgasse während der Fasnacht. Die kurze Strasse, eigentlich eine der grossen fasnächtlichen Transitstrecken vom Rümelinsplatz zum Barfüsserplatz, ist in den vergangenen Jahren zu einem ziemlich düsteren Ort besonders für die «Aggdive» geworden.

Augenscheine und Lokalbesuche zeigten: Es war eine grobe Druggedde, keine von der beschaulichen Sorte wie am Morgestraich. Ein dichtes Gedränge vornehmlich betrunkener Jugendlicher, die es sich teils mit selbst mitgebrachten Bierfässern in der Gasse zwischen Unternehmen Mitte und Caveau Bâle gemütlich gemacht hatten. Und gemütlich heisst in diesem Fall trinken bis zur absoluten Enthemmung oder eben: Eskalation.

Fasnächtler, die mit ihrem Zug Richtung Gerbergasse wollten, wurden angepöbelt. Vordrääbler, die sanft, aber bestimmt dafür sorgen sollen, dass die Zuschauer für einen Stammverein oder eine Gugge kurz zur Seite schreiten sollen, angegriffen. Es kam zu Handgreiflichkeiten mit Fasnächtlern, aber auch zwischen den Zuschauern untereinander. Am Mittwochabend vor dem Ändstreich stand schliesslich rund ein Dutzend Polizisten in der Gasse, um Rücken an Rücken für Ruhe zu sorgen, wie auch die TagesWoche aus ihrer Fasnachtsbeiz vis-à-vis bloggte

Die Mitte? So einfach ist es nicht

©Screenshot TagesWoche

Die Schuldzuweisungen von Betroffenen gingen schnell ans Unternehmen Mitte, das mit seinem grossen Saal und ausgelassener Stimmung eine Attraktion für Feiernde ist: Das grosse Lokal liegt mitten im Zentrum der Fasnacht und verbreitet eine recht unkostümierte Stimmung und damit eine willkommene Abwechslung für viele Jüngere. Auf der Facebook-Seite von barfi.ch wurde die «Mitte» entsprechend schnell als Magnet für Pöbler und damit als Wurzel des unfasnächtlichen Übels bezeichnet.

Doch so einfach ist es nicht. Viele der «Gläbbergässli»-Jugendlichen seien gar keine Gäste, sondern bringen ihre Ware gleich selbst mit. Wie es Mitte-Caféchefin Theresa Prüssen sagt: «Einige rücken sogar mit ganzen Bierfässern an und lassen sich in der Gasse nieder.» In den eigenen Hallen sorgt das Unternehmen Mitte mit Hilfe eines Sicherheitsdiensts für Ordnung. Draussen aber ist das schwierig: An der Fasnacht sind die Gassen voll. Weder professionelle Beizer noch Besenbeizer verscheuchen ganze Scharen von Leute vor ihrem Lokal. Zumal die Gefahr gewaltsamer Eskalation in alkoholisierter Stimmung äusserst hoch ist. Eine Räumung durch Private ist also nicht möglich – und abgesehen davon, gehört sich das an der Fasnacht auch nicht.

Wildes Gelage in der hübschen Strassenschlucht

Bleibt das Problem mit der Masse an Pöblern. Die Strassenschlucht der Grünpfahlgasse bietet mit diversen ausladenden Fensterbänken und offenen Hauseingängen einige Sitz- und Depotgelegenheiten für Spontanfeiernde. Die Gasse ist durch die hohen Fassaden und besonders seit der Aufwertung mit Kopfsteinpflaster abgeschirmt und attraktiv, man ist untereinander. Allein aus städtebaulicher Sicht mittlerweile ein attraktiver Ort, um untereinander zu eskalieren. Vor allem, wenn in den Lokalen nebenan auch noch ein Fest mit vielen zivilen Besuchern und üppig Alkohol stattfindet.

Die Basler Kantonspolizei bezeichnet den Ort aber nicht direkt als Hotspot der Aggression. Obwohl gerade vor dem Ändstraich eine grössere Zahl Uniformierter für Ordnung sorgte, wie mehrere Anwesende gegenüber barfi.ch bestätigten. «Während der Fasnacht ist die ganze Innenstadt aufgrund der hohen Personendichte für die Polizei ein Hotspot», sagt Martin Schütz, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements. Zur konkreten Situation in der Grünpfahlgasse könne er keine Angaben machen, ausser dass die Polizei in der ganzen Stadt «sehr präsent» vor Ort gewesen sei. Ansonsten verweist Schütz auf die Medienmitteilung vom Donnerstag: Die diesjährige Fasnacht sei aus Sicht der Basler Blaulichtorganisationen verhältnismässig ruhig verlaufen.

Polizeipatrouillen sind willkommen

In der öffentlichen Wahrnehmung haftet dann allerdings immer der grösste Veranstalter, in diesem Fall die Mitte. «Wir sind es uns allein von der Grösse des Lokals her schon gewohnt, dass wir rasch die Schuld zugeschoben kriegen», sagt Theresa Prüssen. Dass die Polizei in der Umgebung rund um die Mitte die Augen besonders offenhält, begrüsse sie auch: Denn was draussen passiert, können die Mitarbeiter nur schwerlich kontrollieren. Gerade an einem gigantischen Anlass wie der Fasnacht.

Um die Trittbrettsäufer besser in Schach zu halten, überlege sich das Mitte-Team nun, die Sitzgelegenheiten beim Seiteneingang für die nächste Fasnacht abzumontieren oder durch andere Massnahmen unzugänglich zu machen, sagt die Café-Chefin. Zudem erwägen die Betreiber auch, ihr Programm an der Fasnacht zu erweitern und zum Beispiel Auftrittsgelegenheiten für Schnitzelbängg anzubieten. Als Ergänzung, nicht als direkte Reaktion aufs «Gläbbergässli». Immerhin: Eine programmliche Anpassung kann sich insofern positiv auswirken, als sich die Fasnacht damit den Zugang zur eigentlich frisch aufgewerteten und auch ansehnlichen Gasse wieder zurückerobern kann.