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Die umstrittenen Wurzeln des Aprilscherzes

Bald werden wir wieder in den April geschickt. Woher der weltweit beliebte Brauch stammt, ist umstritten. Sicher ist, dass die Schweiz in jüngerer Zeit eine starke Tradition hat auf dem Gebiet. Die Spaghetti-Ernte im Tessin 1957 gilt als der Klassiker des Genres Aprilscherz.

Auf der mehrfach preisgekrönten Website hoaxes.org ist diese BBC-Reportage Nummer eins unter den 100 weltbesten Aprilscherzen. Im Film, der immer noch greifbar ist im Internet, pflücken adrette Bäuerinnen Spaghetti von den Bäumen und legen sie in flachen Körben zum Trocknen an die Sonne. Viele Zuschauer erkundigten sich nach der Ausstrahlung bei dem Fernsehsender, wo man Setzlinge für Spaghetti-Bäume kaufen könne.

Auch auf Platz 28 rangiert ein Schweizer Thema: 1967 soll das Schweizer Radio am 1. April eine Live-Reportage gesendet haben von der ersten Mondlandung - zwei Jahre, bevor sie wirklich erfolgte. In der Sendung wurde behauptet, der Rücksturz zur Erde sei am kommenden Morgen um sieben Uhr von erhöhten Positionen aus sichtbar.

Die Uetlibergbahn habe zusätzliche Waggons zur Verfügung stellen müssen, um den Ansturm an Schaulustigen zu bewältigen, wurde behauptet. Über den Vorfall gibt es ausschliesslich amerikanische Quellen. Möglich, dass die Meldung selber ein Aprilscherz war.

Nidwaldens "verniiftige" Kühe

Sehr gut belegt und auf der SRF-Plattform zugänglich ist dagegen eine andere Geschichte aus dem Jahr 1967 über Nidwaldner Kühe, die auf dem Grünstreifen der Autobahn grasen. Ein Bauer berichtet in der TV-Reportage für die Sendung "Antenne" darüber, wie er sich eine Bewilligung beschafft habe. Es sei doch "nu verniiftig" die Grünstreifen zu nutzen.

Ein befragter Polizist gab zu, zunächst Bedenken gehabt zu haben. Aber die Kühe des Bauern seien aussergewöhnlich gut erzogen. Sie blieben an Ort und Stelle und stellten deshalb keine Gefahr für den Autoverkehr dar.

Ein recht alter Aprilscherz unter den Klassikern ist der Brautimport in unser Nachbarland Liechtenstein: 1928 meldete die "Berliner Illustrirte Zeitung", eine Firma transportiere Bräute ins Fürstentum, da wegen der Abwanderung der Frauen in die Schweiz und nach Österreich Mangel herrsche.

Das zugehörige Bild zeigte wohlgenährte Damen, die von Bahnmitarbeitern aus einem Waggon geladen wurden. Die Liechtensteiner fanden, das Bild diskriminiere die einheimischen Frauen und sei ein Beispiel von "geschmacklosem deutschem Humor". Die nachfolgende Presseschlacht machte das Bild gemäss hoaxes.com weltweit bekannt.

Die Römer? Die Griechen?

Die weite Verbreitung des Aprilscherzes deutet auf hohes Alter hin, nur weiss man nicht, woher er stammt. Vielleicht war es ganz einfach die Freude an der wieder erwachenden Natur, die die Leute dazu veranlassten, Schabernack zu treiben.

Die alten Römer beispielsweise feierten Anfang April auf der Tiberinsel zu Ehren der lebensspendenden Venus rauschende Orgien, die auch von Neckereien begleitet waren.

Wer die edlen Griechen den pikanten Römern vorzieht, wird ebenfalls fündig. Den Ur-Aprilscherz soll die Göttin Rhea-Kybele ihrem Gatten Kronos gespielt haben. Kronos frass bekanntlich seine Kinder, um von ihnen nicht dereinst vom Thron gestürzt zu werden. Kybele verhinderte dies, indem sie dem holden Gatten statt eines Neugeborenen einen in ein Ziegenfell gehüllten Stein übergab.

Die Vergesslichen? Die Spekulanten?

Am wahrscheinlichsten liegen die Wurzeln des Aprilscherzes in Frankreich. Wie viele regionale Herrscher nach der Gregorianischen Kalenderreform verlegte dort auch Karl IX. 1584 den Jahresbeginn vom 1. April auf den 1. Januar. Anfänglich begingen vergessliche Leute Neujahr aber immer noch im April.

Um sie zu necken, machten ihnen ihre Mitbürger statt der erwarteten Neujahrsgeschenke Scherzgeschenke, beispielsweise leere Schachteln oder nicht mehr ganz frische Fische. Letzterer Brauch soll den französischen Begriff für Aprilscherz, "poisson d'avril" (Aprilfisch) erklären.

Eine andere Legende besagt, der Aprilscherz gehe auf eine abgesagte Münzreform im 16. Jahrhundert zurück. 1530 beschloss die Tagsatzung von Augsburg, auf den 1. April 1540 die Währungen zu harmonisieren. Spekulanten witterten ein Geschäft und deckten sich auf das Datum hin mit Geld ein. Als die Reform abgesagt wurde, waren sie die Angeschmierten.