Chemiegelände soll zum Wohnquartier werden: Das Klybeck-Areal von BASF und Novartis mit dem problematischen Produktionsbau K-90 (rechts). Foto: AefU
Chemiegelände soll zum Wohnquartier werden: Das Klybeck-Areal von BASF und Novartis mit dem problematischen Produktionsbau K-90 (rechts). Foto: AefU
  • AefU / barfi
  • Aktualisiert am

Basel: Chemieareal soll zu Wohnraum werden

Im Norden Basels soll auf einem Chemieareal ein neuer Stadtteil entstehen. Die Bevölkerung ist aufgerufen, ihre Zukunftspläne einzubringen. Die AefU sind beunruhigt, mit welcher Nonchalance die Chemie- und Pharmakonzerne BASF und Novartis sowie die kantonalen Behörden die Planung des Areals vorantreiben.

Firmeninterne Dokumente legen eine Verschmutzung mit problematischen Chemikalien nahe. Die AefU fordern, das Ausmass der Belastung offenzulegen und einen umfassenden Sanierungsplan in die öffentliche Vernehmlassung zu geben, bevor weiter geplant wird.

Ein Werkareal der Chemiekonzerne Novartis und BASF in Basel soll zu einem Stadtquartier umgenutzt werden. ‹klybeckplus› heisst der Planungsprozess. Gemäss diesem werden in den nächsten Jahren auf rund 300 000 Quadratmetern zwischen dem Rhein und dem Fluss Wiese Wohnungen für 20 000 Menschen und 30 000 Arbeitsplätze entstehen. Eine geringe Rolle spielte bisher die chemische Verschmutzung des Areals, wo Menschen später wohnen, spielen, arbeiten und ausgehen werden. Diese Verschmutzung aber, bzw. die Qualität ihrer Sanierung, wird über die möglichen Nutzungsformen entscheiden. So könnten sich die – berechtigten – Zukunftswünsche der Bevölkerung als völlig utopisch erweisen, z. B. jener, im Areal einen See oder einen Bootshafen mit Verbindung zum Rhein auszuheben. Solche Wasserideen sind nur bei chemiefreiem Untergrund denkbar.

Verschmutzung offen legen

Gemäss der Homepage klybeckplus.ch sei das «gesamte Klybeckareal (…) durch die Grundeigentümerinnen BASF und Novartis sehr umfassend auf Altablagerungen untersucht» worden. Dazu haben sie u.a. 600 Bohrungen vorgenommen, wobei die Analyseergebnisse inkl. der Analysemethoden bisher nicht veröffentlicht sind. «Das ist zu wenig», sagt ein ehemaliger Mitarbeiter im Gespräch mit den AefU: «Es reicht nicht, alle 20 bis 30 Meter eine Bohrung in den Untergrund abzuteufen. Auf dem Klybeckareal können überall Chemie-Probleme zum Vorschein kommen». Hier befinden sich verschiedene Chemieabfallgruben, z. B. liegt unter zwei Strassen «Chemieschlamm». Auch die Zwischenlagerung und der Umschlag von Chemikalien und Abfallprodukten auf unversiegeltem Boden und Eisenbahngeleisen (z. B. bei der sogenannten ‹Gleisharfe›) können chemische Verschmutzungen hinterlassen haben.

Grosse Mengen an Chemieabwasser wohl versickert

Zudem waren die meisten Abwasserleitungen während Jahrzehnten undicht, wie ein Ciba-Geigy-interner Plan von 1982 zeigt. Es dürften enorme Mengen hochproblematischer Chemikalien im Boden versickert sein. Darunter finden sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch das Blutgift Nitrobenzol, das stark wassergefährdende Trichlorbenzol, hochgiftiges Arsen und das Blasenkrebs auslösende ‹o-Toluidin›. Diese Substanz wurde z.B. noch bis vor wenigen Jahren im Bau «K-90» zu Farbpigmenten verarbeitet. Es ist unklar, wie stark die Hallenböden und Mauern über die Jahrzehnte den Chemikalien von aus- und überlaufenden Produktionskesseln, kleinen Bränden, Dämpfen, Explosionen und Verpuffungen ausgesetzt
waren. Die Giftstoffe können sich regelrecht in die Bausubstanz eingefressen haben. Ausgerechnet dieses Produkionsgebäude soll als eines der «identitätsstiftenden Elemente» im neuen Stadtteil erhalten bleiben.