© Wikimedia Achim Engel
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  • Christine Staehelin
  • Aktualisiert am

Ein Monat nach Brand auf Basler Autobahn: Rettungsgassen gesetzlich tatsächlich nicht vorgeschrieben

Zwei Mal innert kürzester Zeit brannten auf der Autobahn A2 Fahrzeuge. Damit Feuerwehr, Sanität und Polizei in solchen Fällen sofort an den Unfallort gelangen können, sollten die Verkehrsteilnehmer Rettungsgassen frei lassen. Oft sind sich Autofahrerinnen und -fahrer dessen jedoch nicht bewusst. Bloss Dummheit? Nein: in der Schweiz gar nicht gesetzlich geregelt.

Es stinkt nach verbranntem Gummi, Rauchschwaden ziehen vorbei, der Verkehr stockt: Wenn ein Fahrzeug auf der Autobahn brennt, ist das schnelle Durchkommen der Feuerwehr unabdingbar. In der Region Basel brannten in vier Wochen gleich zwei Fahrzeuge auf der Autobahn (barfi.ch berichtete). Ein Fahrzeugbrand oder ein Unfall führen immer zu Verkehrsbehinderungen und Stau, die freie Fahrt für die Einsatzkräfte ist dann nicht mehr gesichert.

Es herrscht Unklarheit  

Natürlich lernen Fahrschüler, was eine Rettungsgasse ist. Natürlich macht es Sinn. Und natürlich... nein gibt es keine Vorschriften! Unglaublich, die Bildung einer Rettungsgasse ist gesetzlich nicht geregelt. Verunsicherung und Unwissenheit unter den Automobilisten sind gross. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat reagiert und weist dieses Jahr auf den digitalen Autobahnanzeigen vermehrt auf diese wichtige Massnahme hin: «Bei Stau, Rettungsgasse bilden». Diese Kampagne geht auf ein Anliegen der Einsatzkräfte zurück, denn oft ist für sie das nötige schnelle Durchkommen bei einem Unfall auf der Autobahn schwierig. «Es liegt im Gemeinsinn der Automobilisten, Polizei, Feuerwehr und Sanität bei der Arbeit zu unterstützen», sagt Toprak Yerguz, Mediensprecher der Basler Polizei. Doch das alles sind nur Ratschläge, während auf den Zentimeter genau geregelt ist, wie genau ein Auto in den öffentlichen Parkplatz passen muss, sind Rettungsgassen, die oft über Leben und Tod von Verunfallten entscheiden, nicht gesetzlich durchsetzbar.

So funktioniert die Rettungsgasse in der EU 

Die Rettungsgasse für Notfallfahrzeuge sollte gebildet werden, wenn ein Unfall oder ein anderes Ereignis geschieht, das ein Weiterfahren mit dem eigenen Wagen verhindert, ein Stau entsteht. Zwar gibt es, wir weisen bewusst ein weiteres Mal darauf hin, keine vom Bund festgesetzte Regelung, wie eine solche lebensrettende, freie Spur gebildet werden soll, aber immerhin gibt es nun eine Empfehlung vom ASTRA: «Lassen Sie auf Autobahnen für Einsatzfahrzeuge eine Rettungsgasse in der Mitte der zwei Fahrstreifen frei, bei drei- oder mehrspurigen Fahrbahnen zwischen dem linken äusseren und dem 2. Fahrstreifen von links». Das heisst, der Pannenstreifen sollte freigelassen werden.

So funktioniert die Rettungsgasse (Grafik: ©Allianz Autowelten) 

«Grundsätzlich reicht der Platz dann sehr gut», erklärt Thomas Rohrbach, ASTRA-Mediensprecher. Denn eine Fahrspur ist 3 Meter 75 breit, ein Auto hat im Durchschnitt eine Breite von zwei Metern. Das gibt in der Mitte etwa 3 Meter 50 Platz für die Einsatzkräfte. Wenn beim Unfall der Pannenstreifen blockiert wird, muss etwa zwei Meter vor und hinter dem Ereignis im rechten Fahrstreifen eine Lücke gelassen werden. So ist der Zugang für die Rettungskräfte gewährleistet. 

Gesetzliche Regelung endlich in Aussicht?

Bei einem Verzicht auf die Rettungsgasse, werden die Automobilisten nur in der Schweiz nicht gebüsst, im Gegensatz zu den europäischen Nachbarn, wo die betroffenen Lenker gesetzlich bei schwerer Strafe dazu verpflichtet sind. «Freiwilligkeit ist für uns eine schönere Lösung», erklärt Thomas Rohrbach. Beim Brand des Personenwagens in Basel vor zwei Wochen wurde gerade einmal ein Automobilist an das Strafgericht verzeigt. Doch nur weil dieser die Fahrt an der Unfallstelle deutlich verlangsamte und erst noch mit dem Mobiltelefon hinter dem Lenkrad ein Foto des brennenden Lasters schoss. Die fehlende Rettungsgasse wurde von der Polizei nicht gebüsst. Erst bei einer Revision der Verkehrsregeln ist es möglich, dass die freie Fahrt der dringend erwarteten Notfallwagen auch in der Schweiz gesetzlich geregelt wird, so das ASTRA. Bei Fussgängerzonen und Durchfahrtschikanen in der Innenstadt ist die Polizei da wesentlich schneller. Doch hier kann sie auch schalten und walten, wie sie will: Autobahnen sind nicht Sache der Kantone, sondern des Bundes. Und der braucht in wichtigen Angelegenheiten um Jahre länger als die EU.

  

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