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«Uuskunft, Sie wünsche - Rieche, wo isch denn das?» Statt Fröilein in der Basler Hauptpost: Callagenten irgendwo

Das PTT-Fröilein in der Hauptpost ist Legende: Wer heute noch glaubt bei seiner Anfrage nach Telefonnummern mit einer der liebenswürdigen Damen aus der Region verbunden zu sein, ist in Wirklichkeit meist bei irgendeinem der zahlreichen externen Callagenten gelandet. Die scheinbar freundliche Begrüßung, mit Namensnennung und einem Grüezi, kommt ab Band und dient in erster Linie der Verlängerung, sprich Vertreuerung des Gesprächs. 

Trafficgenerieren nennt man das beim ehemaligen Monopolisten und heutigen Marktführer. In den zwanziger Jahren gaben die Uskunfts-Fröilein von 111 noch Rezeptvorschläge, später halfen sie bei Adressnachforschungen. Seit dem Ende der PTT und der Gründung der Swisscom tummeln sich mehrere Firmen im abflauenden Auskunftsgeschäft. Und wehe, Sie fragen heute sogar beim offiziellen Nachfolger der früheren 111-er Auskunft 1811 nach "Rieche" - das kostet eine Stange Geld. Denn die erwartete Antwort kommt von irgendwo, nur nicht von hier. Bis da endlich die Erkenntnis aufkommt welcher Ort gemeint sein könnte dauert es Welten. Fragen Sie als Bewohner dieser Region beim staatsnahen Betrieb hingegen gleich hochdeutsch nach Riehen, fällt der Groschen, oder vielmehr die Zahl der Zwanzigerli schnell. 

«Uuskunft, Sie wünsche?» hiess es bei der guten, alten Telefonauskunft 111. Die seit 1926 bestehende telefonische Auskunft war bis in die 90er Jahre die meistgewählte Nummer bei der Swisscom, genauer bei den PTT. Jährlich 90 Millionen Auskünfte gab das 111. Tag für Tag beantworteten die PTT-Fräuleins eine viertelmillion Anfragen. Die «Dame vom Amt» half bis 1958 auch mit Kochrezepten oder bei den Hausaufgaben aus. Mit der Öffnung des Telekom-Marktes entstanden die 18er Nummern. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) teilte neben der Swisscom dreizehn weiteren Anbietern solche 18-er Nummern zu.

Mittlerweile waren die Handys auf dem Vormarsch. Immerhin kamen vor zehn Jahren noch rund 30 Millionen Anfragen pro Jahr zusammen. Wenn man von der Grundgebühr von rund 1.80 pro Anruf ausgeht, so gibt der Markt mit zusätzlichen Minuten etwa sechzig Millionen Franken her. Allerdings sei die Marge in der Schweiz «sehr dünn», wie der Geschäftsführer Peter Josika von 1818 Auskunft AG damals gegenüber der NZZ sagte. Da die Festnetzkunden weiter abnehmen, prognostizierte die Swisscom, dass der Markt bis heute auf weniger als zwanzig Millionen Anfragen sinken würde.

Die 1818-Auskunfts AG sorgte Ende 2015 für Schlagzeilen als sie ihren Standort in Biel schloss, ihre 66 Mitarbeitenden entliess und die telefonischen Auskünfte von Marrakesch und Wien aus erteilen liess. Klar, dass sich da manche von den ans «Fröilein» von der Post gewohnten Kunden am fehlenden Lokalkolorit störten. Swisscom und 1818 teilen den Auskunftsmarkt unter sich auf. Mit etwa 3.70 pro Auskunft im Durchschnitt, sind sie auch teuer. Annina Merk von Swisscom erklärt auf die Kundenzufriedenheit angesprochen : «Kostenlose Alternativen zur Telefon-Auskunft wie beispielsweise. die Online-Abfrage werden immer beliebter.» 

 Zum Assistenten in allen Lebenslagen will die Nummer 1820 werden. Hier ist es wieder das Kochrezept oder die Hausaufgaben-Hilfe. 1820 will ein Rundum Concierge Service sein, der 24 Stunden am Tag verfügbar ist. Allerdings ist die Bieler Firma mit etwas über 20 Mitarbeitenden ziemlich klein.

Nach wie vor verwaltet die Swisscom Directories alle Adressen und führt die Datenbank. Während die Swisscom 2006 noch elf Standorte und 570 Mitarbeitende für Auskunft und Telefonbuch beschäftigte, so ist heute das Geschäft an die Swisscom Tochter Swisscom Services in Olten ausgelagert. Swisscom Sprecherin Annina Merk sagt auf die Frage, wie es mit der Auskunft weitergeht: «So wird die Auskunft Jahr für Jahr immer weniger nachgefragt. Nichtsdestotrotz ist die telefonische Auskunft für viele Menschen immer noch eine beliebte – und vor allem gewohnte – Anlaufstelle und wir rechnen nicht damit, dass sich dies in absehbarer Zeit grundlegend ändern wird. Konkrete Zahlen dazu nennen wir nicht.»

Wichtiger als die telefonische Auskunft ist unterdessen das Geschäft mit den Adressen. So handelt die «Swisscom Directories» in Zürich im In- und Ausland mit dem Adressmaterial aus dem Telefonbuch. Diese Swisscom-Tochter verrechnet auch die Datenbankzugriffe etwa an Mitbewerber 1818. Mit «Bretzbl» bleibt es so eine Sache. Da versteht nicht jeder Bretzwil. Und auch davon, wie man «Gschwellti» kocht, wollen weder Swisscom noch 1818 etwas wissen. Das hätte das Fröilein in der Hauptpost an der Falknerstrasse natürlich alles gewusst. Immerhin gibt es die Nummer 1820. Mit 14 Rappen pro Minute ist der Bieler Auskunftsanbieter günstig und hier möchte man sogar nach den Kartoffeln gefragt werden.

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