Foto und Montage: Mira Lachmann
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  • Christian Platz
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Als der Basler Galgenhügel seinen Schatten aufs Gellert warf

Ab dem 14. Jahrhundert stand der Galgen der Stadt Basel an der Gellertstrasse. Noch heute trägt die Stelle den Namen Galgenhügelpromenade. Über 400 Jahre lang war diese Richtstätte ein Ort des Schreckens.

Hinrichtung durch Erhängen galt als besonders schändliche Todesstrafe. Im Gegensatz zu Enthauptungen, denen ein minimaler Ehrenstatus zugesprochen wurde. Im Gegensatz zur moderneren Praxis des Erhängens, wie sie etwa in England lange vollführt wurde – und die heute noch in Ländern wie beispielsweise Malaysia gebräuchlich ist –, war der spätmittelalterliche Tod durch den Strang besonders grausam.

Kein Genickbruch, sondern ersticken

Bei der modernen Variante wird die Länge des Stricks genau auf das Körpergewicht des zum Tode Verurteilten abgestimmt. Unter dem Körper befindet sich eine Falltür, die sich per Knopfdruck öffnet. Ein sofortiger Genickbruch ist die Folge dieser Methode der Todesstrafe. Durch den massiven Druck des Henkerknotens, der fachgerecht hinten am Hals angesetzt werden muss, verursacht vom gewaltigen Ruck des Sturzes.

Nicht so in der alten Zeit. Die Verurteilten wurden damals entweder hochgezogen oder durch den Henker von einer Leiter geworfen. Die Folge war langsames, qualvolles Ersticken. Ein Spektakel für Schaulustige, die öffentlichen Hinrichtungen in Massen beizuwohnen pflegten. Eine noch grausamere Variante war das Aufhängen von Verurteilten an den Füssen, sie zappelten manchmal tagelang am Galgen, bis sie an Organversagen starben – oder schlicht verdursteten.

In einem Loch verscharrt

Wer durch das Richtschwert fiel, wurde danach normal beigesetzt. Wer hingegen am Galgen starb, wurde danach in einem Loch verscharrt, ohne jegliche Zeremonie, man nannte dies damals tatsächlich «verlochen». Dies aber erst, nachdem man den Leichnam für einige Zeit – oft wochenlang – am Strick baumeln liess, zur Abschreckung. Furchtbar müssen diese Leichen ausgesehen haben, der Witterung Anheim gegeben, die Augen von Vögeln ausgepickt, angefressen von wilden Tieren.

Magische Kräfte

Es gab im Mittelalter und im Spätmittelalter übrigens auch Magier, die sich nachts auf die Galgenhügel schlichen, den Leichen Organe entnahmen und Glieder abschnitten, sie galten als mächtige Ingredienzen für okkulte Rituale. Wer dies tat, musste allerdings aufpassen, dass er dabei nicht erwischt wurde – und alsbald selber am Galgen baumelte.

Normale Bürgerinnen und Bürger hüteten sich davor, irgend etwas zu berühren, dass mit dem Galgen oder mit Gehängten zu tun hatte, denn es galt als unrein. Deshalb war es sehr schwierig, Handwerker zu finden, die einen Galgen sanierten. Man setzte dafür oft Wanderarbeiter oder Landstreicher ein, denen man einen – vergleichsweise – massiven Lohn dafür bezahlen musste.

Wenn lokale Handwerker die Richtstätte renovieren mussten, wie dies auf dem Gellert beispielsweise im Jahr 1720 der Fall war, wurden sie öffentlich von einem Richter eingeschworen und von einem Pfarrer gesegnet. Es wurde in den Akten festgehalten, dass sie diese Arbeit nicht freiwillig anpackten, sondern im staatlichen Auftrag, zum Wohl der Allgemeinheit. 

Von der Lyss aufs Keller

Das Gellert stellte im Spätmittelalter noch lange kein ausgebautes Quartier dar, es war bewaldet, nur einige Höfe und Hütten standen auf dem Gebiet. Deshalb fanden einige vermögende, einflussreiche Basler – wahrscheinlich scharten sie sich um den Adligen Johannes von Arguel –, dass dies die richtige Gegend für den Galgen sei.

Sie störten sich nämlich an der alten Basler Richtstätte auf der Lyss, in deren Nähe sie teilweise ihre Wohnsitze hatten. Lange Zeit wurde von Basler Geschichtsschreibern übrigens angenommen, dass sich der alte Galgen beim heutigen Voltaplatz befunden habe. Ein falscher Eintrag in einer Chronik hat diesen Irrtum verursacht.  

Nicht nur gehängt

Nach langen politischen Diskussionen wurde der Galgen dann auf dem Gellert installiert. Es handelte sich um eine dreieckige Konstruktion. Drei gemauert Säulen trugen die Balken, an denen die Unglücklichen aufgehängt wurden. An diesem Ort wurde übrigens nicht nur gehängt, auch andere besonders grausame Todestrafen wurden hier ausgeführt, etwa das furchtbare Rädern, bei dem der Tod oft erst nach Tagen eintrat.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat man die Schreckensstätte abgebrochen. Die letzte Hinrichtung in Basel-Stadt fand im Jahr 1819 statt, allerdings nicht im Gellert, sondern auf dem «Kopfabheini» beim Steinentor, wo der Henker das Richtschwert schwang.