Stefano und seine Mutter Doris Filippini von La Columbiana mit der rund 100-jährigen Röstmaschine im Gundeli-Quartier. Bild A. Schwald
Stefano und seine Mutter Doris Filippini von La Columbiana mit der rund 100-jährigen Röstmaschine im Gundeli-Quartier. Bild A. Schwald
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Killt die Kapsel: Basler Kaffeeröster-Boom fordert Nespresso und Co heraus

Nachdem in Basel bereits seit einiger Zeit erfolgreich eine Kleinbrauerei nach der anderen öffnete, erlebt unsere Stadt jetzt den Kleinröster-Boom. Seit zwei Jahren läuft der «Krieg» gegen den gut positionierten Qualitätskapsel-Kaffee und die Industriebrühe heiss. Nicht nur Traditionsgeschäfte sind im Hoch, allein dieses Jahr haben zwei neue Röstereien aufgemacht. Wirtschaftlich besonders einträglich ist das nicht, vielen geht es ums Prinzip.

Es riecht schon nach frischer Röstung, wenn man La Columbiana betritt. Das kleine Café an der Güterstrasse direkt hinter dem Bahnhof SBB beherbergt nämlich auch eine noch kleinere Rösterei – die älteste aktive Kleinrösterei in der Stadt Basel. Hier wird nicht nur der Kaffee verarbeitet, der den Gästen gereicht wird, sondern auch kiloweise in Säcke abgefüllt und en gros weiterverkauft. 

La Columbiana ist kein Einzelfall mehr. Handwerkliche Röstereien sind in Basel im Allzeithoch. Im Kleinbasel hat sich vor fünf Jahren die Rösterei «Haenowitz & Page» gegründet, der Name leitet sich von den drei Gründern Reto Häner, Dina Horowitz und James Page ab, die den Betrieb nebenberuflich führen. Und erst dieses Jahr sind mit «Spring Roasters» und «In the name of» zwei weitere Kleinröstereien in Münchenstein entstanden, die beide von ehemaligen Mitarbeitern des Unternehmens «Mitte» geführt werden.

Sogar Büros satteln wieder um

Guter Kaffee muss nicht teuer sein – zumindest nicht im Café der Rösterei. Bild A. Schwald

Doch die Kleinen bekämpfen sich nicht untereinander. Im Gegenteil: «Wir haben ein sehr gutes Einvernehmen», sagt Stefano Filippini von La Columbiana. Der Kampf richte sich vor allem gegen die Grossen: Nämlich gegen die Dominanz der Kapselmaschinen von Nespresso und die Grossunternehmen wie Moka Efti oder Hausbrandt, die den Markt mit Maschinen, Kaffee aus Massenware und jahrelangen Serviceverträgen bestimmen. 

Und das Geschäft handwerklichen Kaffees boomt – besonders in Basel. Seit zwei bis drei Jahren sei der Wandel deutlich bemerkbar, sagt Filippini: Nicht nur Gastrobetriebe satteln wieder auf ordentliche regionale und nachhaltig produzierte Ware um, auch Büros gehören wieder zu den Kunden. Man entsorge die Kapselmaschinen, kaufe eine Kolbenmaschine und decke sich mit Bohnen eines regionalen Rösters ein.

Mehr Leidenschaft als Big Business

Meister der Basler Kaffee-Schlürfer: Benjamin Hohlmann. Bild A. Schwald

Einen wesentlichen Teil dazu hat Benjamin Hohlmann beigetragen. Der ehemalige Café-Leiter des Unternehmens Mitte wird selbst von Filippini als «der Guru» unter den hiesigen Kaffeesachverständigen bezeichnet. Hohlmann betreibt mittlerweile nicht nur eine eigene Rösterei, er bildet auch an seiner «Kaffeeakademie» in Münchenstein aus. Wer in der Basler Café- und vor allem Röster-Szene etwas auf sich hält, hat dort mindestens schon einen Kurs besucht.

Der Guru selbst ist Realist. «Grundsätzlich gesprochen, sind die meisten Kleinröster nicht wirtschaftlich. Es geht nur mit Leidenschaft und oft mit Quersubvention», sagt Hohlmann. «Viele Kleinröster haben einen Nebenjob oder betreiben das Rösten selbst als Nebenjob. Wirtschaftlich gesehen macht Rösten erst Sinn ab rund zwölf Tonnen pro Jahr, wobei natürlich das Pricing eine grosse Rolle spielt.»

Warum ist die Tasse Kaffee so teuer?

Kiloweise Bohnen, frisch und in Basel geröstet. Bild A. Schwald

Und diese Preisgestaltung hat es in sich. Die Kosten variieren allein schon beim Einkauf massiv, während der Kaffee von der Börse für ein paar wenige Franken pro Kilogramm erhältlich ist, ist der Direkthandel mit über zehn Franken schon teurer. Das drückt auf die Margen. Das Restaurant, das den Kaffee schliesslich ausschenkt, rechnet schliesslich auch nochmal mit eigenen Margen. 

Hohlmann spricht als Gastronom aus Erfahrung: «Aus einem Kilogramm Kaffee kann man schliesslich rund 100 Kaffee machen, multipliziert mit etwa 5 Franken die Tasse, ergibt das 500 Franken.» Allerdings habe ein Gastro-Betrieb auch höhere Auslagen, allein beim Personal. Dennoch: Kaffee in Tassen zu verkaufen ist pro Kilogramm nach wie vor einträglicher, als den Kaffee zu rösten. Und Billigkaffee auszuschenken bringt dem Wirt die vollere Kasse, als wenn er auf richtig guten, qualitativ hochwertig und professionell zubereiteten Kaffee setzt.

Die Krise der Plörre ist die Chance der Spezialisten

Grosses Gerät schlägt Kapsel: Eine Kolbenmaschine von Cimbali. Bild A. Schwald

Genau dafür arbeiten die Kleinröstereien. Der Kapselkrieg von Nespresso und die Marktdominanz der Grossverteiler führt zu einer negativen Spirale. Kaffee-Guru Hohlmann kennt da kein Erbarmen: «Immer mehr klassischen Beizen, die nicht bereit sind, in guten Kaffee und Schulung zu investieren, verlieren beim Kaffee an Marktanteilen. Es ist einfach so: wenn der Büro Espresso aus der Kapsel für 60 Rappen im Büro ohne Weiteres besser ist, dann hat der Vierfranken-Espresso von nebenan keine Daseinsberechtigung. Die hat er nur, wenn 100 Prozent vom Potential ausgeschöpft werden.»

Die so genannte «Plörre», also der verwässerte, verbrannte oder sonst lieblos hingebrühte Kaffee, bleibt auf der Strecke. Das ist die Chance der Lokalröster, die zum Boom der vergangenen zwei Jahre führt: Ein Qualitätsbewusstsein beim Kaffee. Die Basler gehören dabei zu den Vorreitern einer nationalen Bewegung, die vor allem die Städte erfasst hat. Wenn nun also Nespresso bereits Pläne konkretisiert, Kapselkaffee in Restaurants anzubieten, wird der Markt dichter – und der Kampf für die Lokalmatadoren unter den Röstern besonders interessant. Schliesslich entscheidet der Gast, ob und welchen Kaffee er will. Und wenn der Beizer auch künftig die immer noch hohe Marge einsacken will, tut er besser daran, auch etwas für die Qualität seines Gebräus zu tun.

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